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Tanz und Theater

Zum ersten Mal in HELLERAU: „Open Grounds“ der Dresden Frankfurt Dance Company

Die Premiere von „Open Grounds“ der Dresden Frankfurt Dance Company am 27. November war für mich der Anlass, zum ersten Mal überhaupt das Festspielhaus Hellerau zu besuchen. Schon das Gebäude faszinierte mich in seiner Größe und Schönheit und die Faszination überdauerte den gesamten Abend: „Open Grounds“ ist ein Abend mit sieben Choreografien von Tänzern der Dresden Frankfurt Dance Company. Jede einzelne fesselte und zeigte gleichzeitig die unglaubliche Vielzahl an Ausdrucks- und Bewegungsformen des zeitgenössischen Tanzes.
„Chemical Creatures“, eine Arbeit von David Leonidas Thiel, gefiel mir am besten, weil es durch die Musik und die Kontroversität überzeugte: Der Kontrast zwischen den emotionslosen Masken und den durchaus hitzigen und mitreißenden Bewegungen war einerseits schön und andererseits sehr verwirrend und spannend zugleich.

Besonders faszinierend empfand ich auch die Wahl der Kostüme, da diese sehr angemessen für jedes Stück waren und durch ihre Farben und ihre Vielfältigkeit glänzten und anschaulich waren. Obwohl die Tänzer teilweise noch jung waren, fand ich die verschiedenen Figuren sehr professionell und treffend gewählt. Das Licht im letzten Stück des Abends „Transhuman Reflection“ war zuallererst verwirrend, aber zugleich polarisierend, es beschwor ein Gefühl der Angst und der Gefahr. Auch dieses Stück erzählte eine Geschichte: in der viele Menschen auf eine Person in einem Kreis einschlugen (wenn sie denn einschlugen) und sie nicht akzeptierten. Weg von den hitzigen Stücken zu den emotionsvollen Stücken, welche eine Liebesgeschichte für mich darstellten, die künstlerisch grandios war und die Gefühle fast perfekt zum Ausdruck brachte.

Das einzige Manko war für mich das Stück „Criss Cross“; weniger in seiner Thematik, als vielmehr, wie es an diesem Abend platziert war; die vorherigen Stücke hatten eine gewisse Spannung aufgebaut und „Criss Cross“ löste diese Spannung nicht ein. Choreograf Ulysse Zangs thematisierte darin eine Zerrissenheit, die in meinen Augen besser am Anfang des Abends aufgehoben gewesen wäre.  Aber alles in allem hat mich dieser Abend emotional mitgenommen – ein höheres Lob kann ich kaum aussprechen.

Ein Artikel von Victor Garrido Campos

Foto: Raffaele Irace

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Tanz und Theater

Tanzworkshop mit Joel & Ulysse von der Dresden Frankfurt Dance Company

Bon Iver, David Bowie, James Blake und Iggy Pop laufen im großen Saal des Festspielhauses Hellerau. Wir öffnen die Augen und lassen das Licht in uns, bewegen uns im Liegen in den Boden hinein und bewegen uns vor allem nach unseren Gefühlen, manchmal bewegt der Körper aber auch uns – wie das geht, haben wir von zwei Tänzern gelernt.

Die Workshopleiter

Joel und Ulysse geben jedem Teilnehmer des Tanzworkshops am 03. Dezember die Hand und stellen sich vor. Sie werden erst am Ende sagen, dass dies das erste Mal sei dass sie so etwas leiten, aufgefallen jedenfalls ist es keinem. Es sind nur 10 Teilnehmer, zwei Kinder unter ihnen, und die Hälfte ohne jegliche Tanzerfahrung. Englisch? Ulysse kommt aus Frankreich, wo er an der Ballettschule der Opéra national de Paris eine klassische Ausbildung erhielt, bis er 2014 nach Deutschland kam, um seine Ausbildung im zeitgenössischen Tanz zu fortzuführen. Joel, der wohl auffallendste unter den sehr charakteristischen Tänzern der Dresden Frankfurt Dance Company, kommt aus Australien, er sagt auf Deutsch, er könne nur ein bisschen Deutsch. Wir lachen zögerlich. Wie soll man sich Tänzern gegenüber verhalten?

Seinen Körper spüren

Wir gingen also auf die Tanzfläche, ein Kreis wurde gebildet. Hinlegen. Atmen. Spürt euren Körper, wie er reagiert. „Now move your legs.“ Schritt für Schritt bewegten wir jeden Teil unseres Körpers, „And now 10 seconds losing controll, okay? Just as much as you can, 10, 9, 8, …“ , was nach Spaß klingt, war ebenso Entspannung. Nach dem Liegen gingen wir in die „Doggy Position“, bewegten unsere Schultern, brachen zusammen, wiegten nach Hinten, Hüfte. Wir lösten unsere Hände vom Boden, und so kamen wir letztendlich nach und nach zum stehen- nach einem langen Prozess der eigenen Körperwahrnehmung. Man könnte es mit der Evolution vergleichen; wir fühlten uns gut.

 

Nachdem wir uns allein bewegt hatten, bestand die nächste Übung darin, die Tanzbewegungen eines Tanzpartners nachzuahmen- dabei übernahm nicht einer die Führung, sondern es entstand wie selbstverständlich eine gemeinsam ausgeführte Bewegungsabfolge, ohne sich abzusprechen, wann was passiert. Zugegeben, anfangs war viel Lachen dabei, immerhin öffnete man sich nun mit einer Person. Joel und Ulysse gaben dann Anweisung, sich nicht mehr nachzuahmen sondern sich nur noch voneinander inspirieren zu lassen. Mittlerweile tanzten wir alle verteilt auf der ganzen Bühnenfläche, als Joel sagt, wir sollen nun irgendjemand im Raum nachahmen. Und das taten wir. Stellenweise machten wir alle dieselbe Bewegung, wenn einer jemanden nachmachte, der ebenfalls schon jemanden nachahmte… es war ein Spiel, welches jedoch auch eine Ästhetik beinhaltete.

Zappeln, Klopfen und improvisieren

Danach fanden wir uns wieder in einem Kreis zusammen, lockerten noch einmal unseren Körper, bevor wir mit einer weiteren Übung zu zweit jeweils tanzen- oder zappelten: einer „klopfte“ sanft über den Körper des anderen, der sich nach Schnelligkeit und Heftigkeit des Klopfens bewegte. Eine Übung, die besonders den zwei Kindern gefallen hat.  Bevor wir den Höhepunkt des Workshops erreichten, sollte noch einmal jeder sagen, was ihm besonders gefallen hatte und was nicht. All die verschiedenen Bewegungen, die wir die letzte Stunde aktiviert hatten, sollten wir nun in einer zehn-minütigen Improvisationsperformance zeigen und kombinieren. Wir verteilten uns auf der Bühne, manche starteten liegend, manche stehend. Man versuchte, seinen Körper die Musik malen zu lassen, aber auch irgendwie in Zusammenspiel mit den anderen. Wie wir gelernt haben, ließen wir uns von unseren „Kollegen“ inspirieren, manchmal ahmten wir auch nach. Wie das wohl für Außenstehende gewirkt haben soll? Wie ein großes Durcheinander oder doch gewollt, künstlerisch, modern und schön? Während wir tanzten, stellte sich wohl keiner diese Frage, dafür haben uns Ulysse und Joel vorher schon in ein befreites Selbstbewusstsein geführt.

Eine kurze Abschlussrunde, alle sagen, dass es toll war. Befreiend, dass sie etwas gelernt haben. Sei es nun die Selbstwahrnehmung oder die Fähigkeit, mit anderen zu tanzen, nicht nur für sich allein. Jemand sagt, es wäre ein guter Yoga Ersatz, zweimal die Woche diesen Workshop und man sei ausgeglichen.  Die beiden fühlen sich geschmeichelt, sagen, sie haben auch etwas von uns gelernt und sich inspirieren lassen. Dass sie an einem Workshop Konzept arbeiten wollen.

Ein paar Tänzer der Dresden Frankfurt Dance Company kommen auf die Bühne und wärmen sich für das Training auf, während sich ein paar der Workshopteilnehmer noch Musiktipps von Ulysse und Joel geben lassen. Wie man sich Tänzern gegenüber verhalten soll? Die beiden haben sich das wohl auch gefragt: wie sollen wir uns nicht-Tänzern gegenüber verhalten? Während dieses Workshops sind wir alle gleich geworden, egal welchen Beruf wir hatten- und am Ende sind wir doch alle nur Menschen, die eines wollen: glücklich sein!

Merci beaucoup pour ce workshop!

Text von Bianca Kloß
Fotos von Sabrina Spurzem

Titelfoto: dresdenfrankfurtdancecompany.com