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TEDx Dresden

 

Zum zweiten Mal trafen sich wissbegierige Menschen in Dresden um den neusten Ideen und Gedanken unter dem Motto „Embrace the Future“ zu lauschen. Im Gegensatz zum letzten Jahr, als die Konferenz erstmalig in Dresden mit 100 Teilnehmern im Societätstheater stattfand, konnten dieses Jahr über 700 Teilnehmer dem Spektakel in der neuen Staatsoperette im Kraftwerk Mitte beiwohnen.

TED ist eine Non-Profit-Organisation ursprünglich aus den Staaten kommend, die sich zum Ziel genommen hat, Ideen die es wert sind, kostenlos der Weltgemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Die Talks, die bei der Konferenz mit aufgezeichnet werden, sind danach auf Youtube für alle einsehbar. Bei TEDxDresden steht das x für ein unabhängig organisiertes TED Event. So darf das TEDxDresden-Team, das aus einer Hochschulgruppe 2015 hervorging den Namen und die Strukturen des Vorreiters übernehmen, auch werden die Videos über Youtube zugänglich gemacht, aber die Organisation und auch Finanzierung erfolgt unabhängig von dem Original TED.

Das charakteristische aller TED-Talks ist, dass die Ideen auf einen circa 20Minuten Umfang reduziert sind, frei vorgetragen werden und zum Teil mit digitalen Mitteln begleitet werden.

Die 14 Talks der TEDxDresden Konferenz 2017 zum Thema sinnvolle Zukunftsgestaltung waren in drei Sessions eingeteilt die sich auch thematisch etwas unterschieden. So war der erste Teil eher sozialgesellschaftlich, der zweite mehr technisch-naturwissenschaftlicher Art und der dritte eher kreativ organisiert.

So gab es Ideen, wie man die Angst vor der Zukunft reduzieren kann, sich auch auf unerwartete Situationen vorbereiten kann. Etwa durch Improvisationstheater, wie uns Stefan Scherbaum demonstrierte oder aber auch durch gemeinsames musizieren, wie die Jazzpianistin Ilka Kraske am großen Flügel zeigte.

TEDx Dresden 2017 in der Staatsoperette Dresden am 27.08.2017 Ilka Kraske

Wir seien die erste Generation, der es möglich sei, absolute Armut weltweit abschaffen zu können, doch würden wir mit unserem aktuellen Finanzsystem daran scheitern, so Stefan Brunnhuber, ein Ökonom und Professor für Psychologie. Die marokkanische Eisenbahn-Ingenieurin Khadija Ihsane deutete anhand ihrer eigenen Geschichte und Erfahrung an, dass Integration und somit auch Zukunftsbildung nur mit sehr viel Motivation und Ehrgeiz funktioniert. Patricia Flor, Leiterin für Internationale Ordnung, Vereinte Nationen und Rüstungskontrolle beim Auswärtigen Amt, sprach zum Thema wozu es wir die UNO in Zukunft noch brauchen werden, dass ein paar Organe, wie der Sicherheitsrat dringend reformiert werden sollte und letztendlich darüber, wie toll und wichtig die UNO sei.

Von Reformation gewisser Strukturen sprach auch Thomas Galli, ein Rechtsanwalt, Autor und ehemaliger JVA-Direktor. Die Kriminalität der Zukunft, sollte nicht mehr mit Freiheitsentzug einhergehen. Dass wir hier in Deutschland auf einem sehr hohen ziviliatorischen Niveau leben, sollte besser genutzt werden, indem man eine wirkliche Resozialisierung der Straftäter erzielt. Dies funktioniere besser durch neue Technologien, wie beispielsweise der elektrisch überwachte Hausarrest, als durch Freiheitsentzug. Das Maß an Bestrafung, sollte der Straftat angepasst werden und auch für die Opfer solle mehr getan werden.

Der Professo für digitale Systeme Manfred Hill sprach über die Arbeit an und mit Robotern und brachte den humanoiden Roboter Myon mit. Zum Highlight winkte der Roboter mit beiden Armen und in der Pause konnten Selfies mit ihm gemacht werden.  Ab nächstem Jahr wird ein spezieller BA-Studiengang mit dem Schwerpunkt Robotik in Berlin angeboten werden.

Hilfsbereitschaft sei auch in Zukunft ein wichtiger Aspekt gesellschaftlichen Zusammenlebens und auch die Form der Angebote solle digital vernetzt werden, so Johannes Bittner von der Bertelsmann Stiftung.

Andrea Horn und Saskia Rudolph, Vertreterinnen einer neuen positiven Psychologie sprachen darüber, was das Leben lebenswert macht und das feste Beziehungen auch in der Zukunft unser Wohlbefinden stark prägen werden.

Ein wirklich interessantes Projekt wurde von der jungen Architektin Marcella Hansch vorgestellt, die in ihrer Masterarbeit ein Modell ausdachte, mit dem man Plastikstrudel im Meer beruhigen kann, um somit auch die Mikroplastikteilchen entfernen zu können und die daraus das Startup Pacific Garbage Screening e.V. gründete.

TEDx Dresden 2017 in der Staatsoperette Dresden am 27.08.2017 Alexander Leymann

Für Unterhaltung sorgten Alexander Leymann, der als Theoretischer Physiker und leidenschaftlicher Jongleur den mathematischen Part der Jonglage darstellte, Scott Aaronson, Informatiker aus Texas, der uns auf lustige Art und Weise erklärte was ein Quantumcomputer NICHT sei, Sebastian Linda, passionierter Skater und Filmmaker, der anhand seiner Geschichte und Filmausschnitten zeigte das man Fehler machen lernte und sich dessen nicht schämen muss und zum Abschluss Julius Fischer, Kabarettist aus Leipzig, der einen humorvollen Text über den Witz in 100 Jahren aus seinem Buch „Ich hasse Menschen“ vorlas.
Der Abend war schnell vorbei, dank der kurzen Zeiträume, die jedem Sprecher gegeben worden sind, doch leider konnte das Moderatorenduo aus Melissa Sikosana und Christian Kress nicht wirklich überzeugen, da die Übergänge zwischen den einzelnen Talks oft zu abrupt waren und auch die gewollte Lässigkeit  a la „Whats was the next talk again?“ nicht glaubwürdig rüber kam.


Allgemein bin ich etwas von dem Thema enttäuscht. „Embrace the Future“ kann alles sein, aber auch nichts. Manchen der Redner viel es schwer, einen roten Faden zum Thema zu halten. Es waren alles interessante Talks, aber meiner Meinung nach manchmal nicht ganz so treffend zum Thema. Ich persönlich hatte andere Vorstellungen der Themen, dachte an konkretere Beispiele, wie Technologien in den Bereichen Elektroautos, Autonomes Fahren oder auch Energien der Zukunft, Kultur in der Zukunft, inwiefern sich unser Konsumverhalten ändern würde.
Trotzdem bleibe ich begeistert von TED- Konferenzen und speziell, dass es hier in Dresden so ein großes Interesse an Ideenaustausch und fortschrittlichem Denken gibt und freue mich auf das nächste Jahr in der Hoffnung, dass das Thema vielleicht etwas eingegrenzt wird und die einzelnen Talks passender ausgewählt werden.

Text: Barbara Staudenmaier

Fotos: Amac Garbe (außer Selfie mit Myon), Pressefotos TEDx Dresden

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Canaletto Stadtfest 2017

Am Wochenende war das 19. Dresdner Stadtfest Canaletto. Bei gutem Wetter, super Stimmung und einer tollen Atmosphäre wurde wieder ordentlich gefeiert. Im Programm waren unter anderem ein Auftritt von Max Giesinger, der „Entencup“ oder Auszüge aus Stücken vom Boulevardtheater.  Eine der Schauspielerinnen des Theaters hat sich zwischen den Auftritten Zeit für ein Interview genommen.

Produktion: Melina Israel

Sprecher: Moritz Pedak und David Roßmej

Interview: Melina Israel mit Katharina Eirich

Foto: Lisanne R.

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Musik

LJZO – Ein Leben im Orchestergraben?

Orchester – spielen nur Klassik, sind langweilig, brauchen keine Proben, haben Reibereien zwischen den einzelnen Instrumenten, Orchester sitzen immer im Graben vor der Bühne

 Fakten oder nur Klischees? Dieser Frage gehe ich am Beispiel des Landesjugendzupforchesters Sachsen (LJZO)  auf den Grund.  Aber Orchester sind ja bekanntlich alle gleich, oder? Ein “normales“ Orchester besteht aber nicht nur aus Zupfinstrumenten, wie Gitarre, Mandoline, und Bass.

1993 gründete Erhard Fietz ein solches Jugendorchester und gab somit unserer jüngeren Generation eine weitere Möglichkeit, sich zu entfalten, sich auszutauschen und Neues zu erlernen. Trotz der geringen Anzahl von nur drei Probenphasen jährlich, hält sich das Niveau stets hoch, und es besteht keine Frage, dass hier die Besten der Besten spielen! Seit Herbst 2015 leitet Katja Wolf, selbst Gitarristin und Dozentin, das LJZO Sachsen mit dem Ziel, die Musiker weiterhin zu Höchstleistungen zu motivieren.

Einige stellen sich bestimmt die Frage: Was soll ich mir denn da anhören? Die spielen doch sowieso nur Klassik. Von wegen! Stücke wie „Fluch der Karibik“ oder Themen aus „Der Zauberer von Oz“, denen ich selbst bei einem Konzert mit voller Begeisterung gelauscht habe, waren bereits Teil des Programmes. Und auch Eigenkompositionen wie „Fahrrad fahren“ von Franziska Henke sind im LJZO Sachsen gern gesehen. Somit ist ein Orchesterbesuch nicht immer langweilig und einseitig und jeder Zuhörer kommt bei einem solchen Auftritt gewiss auf seine Kosten.

„Jede Stimme bildet eine Einheit – und doch kann keine ohne die anderen. Es ist ein „liebender Kampf“ um Melodien, Themen, Klänge, welcher doch nur funktioniert, wenn alle an einem Strang ziehen und ihr ganzes Herzblut der Musik widmen.“
(Katja Wolf, Dirigentin LJZO)

Das Zusammenwirken mit anderen im Orchester,  entfacht die eigene Leidenschaft nur noch mehr , bestätigt mir auch Marleen Lorenz. Ihre Gitarrenlehrerin nahm sie eines Tages einfach mit zum LJZO und blieb bis heute. Gitarre spielt Marleen seit sie drei Jahre alt war. Damals zwar “nur“ Lieder wie „Alle meine Entchen“, aber  ihr junges Alter zeigte schon damals, dass viel Leidenschaft dahintersteckt.

Dass es anfangs einige Anlaufschwierigkeiten gab, gesteht Marleen mir ohne große Umschweife. Verständlich, wenn man als “die Neue“ in eine bestehende Gruppe tritt und sich an bislang unbekannte Stücke herantrauen muss. Doch die vermeintlich bekannten “ständigen Reibereien“ zwischen den einzelnen Instrumentengruppen bleiben glücklicherweise weiterhin ein Klischee. Viele vergleichen das Orchester mit einer großen Familie, die einem sowohl in guten als auch in schlechten Zeiten stets zur Seite steht. Denn jeder kennt eine Situation, in der einem einfach nichts gelingen will. In einem Orchester bist du jedoch nicht allein, vor allem nicht im LJZO! Schließlich zählt das Gesamtergebnis. Du kannst diesen Takt nicht im gewünschten Tempo spielen? Kein Problem! Dir wird unter die Arme gegriffen, bis du es kannst, es ist Teamwork. Und wer hat nicht gern ein starkes Team an seiner Seite?

Wenn man sich der Musik verschrieben hat, möchte man jede freie Minute damit verbringen. Viele der LJZO-Mitglieder gehen nebenher zur Schule oder studieren, haben Einzelunterricht oder noch weitere Orchesterproben und dennoch finden alle Zeit, die anspruchsvollen Stücke des Landesjugendzupforchesters Sachsen zu üben. Denn für sie ist es genau die Zeit am Tag, in der sie sich entspannen können, wie mir Marleen verrät. Für Musiker ist das Üben weniger eine lästige Pflicht, wie Außenstehende meist vermuten. Vielmehr ist es ihre Chance, sich zu verbessern und voran zu kommen, genau wie im Leben.

Und genau wie im Leben, lernen Orchestermitglieder viel voneinander: Auf sich und das eigene Instrument zu hören, genau auf die anderen Acht zu geben, sich Fehler einzugestehen, diese Erfahrungen hätte die Schülerin ohne ihren Beitritt in das Landesjugendzupforchester nicht gehabt.

Ein Sprungbrett für die Zukunft, ein Ort des Austausches und eine unvergessliche Zeit, das alles bringt es mit sich, wenn man auch mal in den Orchestergraben schaut.

Wie Marleen zum LJZO kam und was sie für Zukunftspläne hat, erfahrt ihr  hier im Interview:

 

Text und Interview: Christina Pätzold

Fotos: Landesjugendzupforchester Sachsen

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Unsere Kulturhighlights im August

Unsere Highlights im August

Film: Rauschen im Tal bei den Elbfilmnächten
TEDx Dresden
Conor Oberst (Folk Rock) Beatpol
Der Palaisommer
Routine + XXY Voguing im objekt klein a
urban art Festival: LackStreicheKleber

Vor der Kamera: Matilda Nitzling und Barbara Staudenmaier
Hinter der Kamera: Elias Amler
Schnitt: Meike Krauß

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Eis Eis Baby – Ein Sommermusical der Comödie Dresden

Das Sommermuscial Eis Eis Baby in der Comödie Dresden verspricht einen gute Laune Abend mit musikalischen Einlagen aus den 90ern zum Mitsingen. Autorin Meike Krauß war vor Ort und hat sich das Stück für euch angesehen.

Drei Weisheiten habe ich aus dem Stück mitgenommen:
Bei einer Cola Rum Diät kann man in wenigen Stunden ganze Tage verlieren.
Wenn man betrunken Flirtet nimmt man Sachen mit nach Hause, die man eigenlich gar nicht wollte.
Zu viel Sangria sorgt für einen spanischen Akzent.
Alles Sprüche von der deutschen Partytouristin Lucy (Anne Römeth) , die auf Ibiza ihren Rausch ausschläft. Dabei trifft sie auf Jessica (Nina Bülles) aus Bautzen. Sie erfüllt sich gerade ihren großen Traum mit einer eigenen Eisdiele. Die Story ist sehr schnell erzählt und ich glaube ich spoiler nicht zu viel wenn ich euch erzähle: Ja, am Ende klappt es mit der Eisdiele. Aber nicht ohne ein paar Komplikationen. Dafür sorgt Mr. Wehn (Ramón Hopmann), der anstelle von Jessicas liebevollen Neukreationen lieber sein „Crazy Dick“ Eis verkaufen möchte.

Foto: Robert Jentzsch | www.rjphoto.de

Eis am Stil kämpft gegen Limette + Chilli Kombis. Doch nicht nur im Eisparadies gibt es Probleme, sondern auch die Technik spielt nicht ganz mit. Das Mikrofon hat einige Aussetzer und die Hintergrundmusik harmoniert nicht immer perfekt mit den Live Gesang der Schauspieler*innen. Der Veranstaltungsort ist eben doch keine perfekt ausgestattete Theaterbühne. Dafür bietet die Kulisse im Innenhof des Hotel Elbflorenz eine einzigartige Atmosphäre. Der ganze Platz wurde ausgenutzt. Die Schauspielerinnen bewegten sich auch im Wasser und in den Zuschauerreihen. Die Ausstattung von Marlis Knoblauch hat mit Luftmatratzen und Girlanden eine sommerliche Stimmung gemacht.

Foto: Robert Jentzsch | www.rjphoto.de

Doch die Auszeichnung „tolles Musical“ bekommt diese Stück leider nicht. Das Ensemble aus nur vie Personen bekommt keine Tiefe, die Stimmen sind zu dünn. Lediglich Ramón Hopmann sticht hier heraus und zeigt eine tolle Bassstimme. Die Choreographien wirken albern, weil sie nur von zwei bis drei Personen getanzt werden. Hier hätte ich eher inhaltlich gearbeitet anstatt Boy/Girl Band Choreografien nachzutanzen. Gelungen ist das aber bei der ersten Begegnung von Jessica, Lucy und Joe, einem Würstchenverkäufer auf Ibiza. Beim Streit kommen Breakdance Einlagen und das Klettern über die Ausstattung gut zur Geltung. Auch die Songs „Ich wär so gern so blöd wie du“ und „Mr. Wichtig“ von Tic Tac Toe haben hier richtig gut in die Story gepasst. Das war nicht bei jedem Song so. Einige wirkten einfach aufgesetzt, weil doch jetzt mal wieder ein Song kommen müsste.

Foto: Robert Jentzsch | www.rjphoto.de

Schauspielerisch hat Anne Römeth eine tolle Leistung gezeigt, die lebensfrohe Partytouristin hat sich durch das ganze Stück gezogen und ist nie aus der Reihe gefallen. Die Entwicklung von Joe hat sich für mich zu schnell vom Macho zum verliebten Mann gewandelt. Aber er hat sich nicht aus der Ruhe bringen lassen, als einige Damen im Publikum kreischend seinen Körper kommentierten. Gesanglich wirkte er vor allem in seinem Solo Song gut. Die Figur Mr. Wehn ist vor allem durch seine Tollpatschigkeit aufgefallen, die war manchmal aber doch zu lange ausgespielt, z.B. als er sich in seine Tasche verheddert hat.


Trotzdem bot das Stück viele Lacher mit Bezug auf die 90er. Ach ja damals, als SMS nicht länger als 160 Zeichen sein konnten und das Internet sich noch nicht durchgesetzt hatte. Daher das Fazit: als leichte Gute – Laune Unterhaltung top! Als Musical eher ein Flop.
So richtige Musical Stimmung kam bei mir nämlich erst auf als das Stück schon vorbei war und das Ensemble noch einmal auf die Bühne kam, um eine bunte Mischung aus 90er Songs zum Besten zu geben. Hier möchte ich auch noch die Kostüme von Susanne Weigelt, Sirid Schafranka und Valeria Krieghoff loben, die waren wirklich großartig. Mit Schlaghosen, Crop Tops und Bauchtaschen war wirklich jeder Modetrend auf der Bühne zu finden.

Das Muscial Eis Eis Baby läuft noch bis zum 19. August in der Comöde Dresden.

Text: Meike Krauß

Fotos: Robert Jentzsch (Pressefotos Comödie Dresden)

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Musik

Anna Mateur and the Beuys bei den Filmnächten am Elbufer

Kurz nach halb Sechs radelt Anna Mateur schwungvoll bis zur Bühne und schleppt plappernd das Fahrrad hinter den weißen Flügel, an dem bereits ihre Begleitung, der Pianist Andreas Gundlach sitzt und spielt. Selbstbewusst, tollpatschig und doch irgendwie liebenswert findet sich die Figur des Abends erst einmal auf der Bühne zurecht und wird warm mit den Zuschauern. Dank bauchfreier Bluse und grüner Schürze gelingt der Dirndl-look und es kann beginnen. „Geheimnisvoll, aber sexy“ haucht Anna das Motto des Abends ins Mikro und beginnt sofort mit dem ersten Lied. Mit sehr viel Energie, Humor und Gelächter reißt die  gebürtige Dresdnerin die Zuschauer in ihren Bann. Von nichts lässt sie sich aus der Ruhe bringen. Das Gebimmel der Hofkirche und das regelmäßige Geräusch der vorbeifahrenden Bahnen auf der Carolabrücke wird einfach in die Performance mit eingebaut.

Späße werden auf Kosten aller gemacht: der Ordnungswahn der Deutschen, die Angst der Dresdner vor dem Fremden, Wessis, die denken Veronika Fischer mache Schlager und Blockflötenspielern. Ordnung das sei C-Dur, Heimat, Halleluja…Chaos, das sei Jazz. Dieses Wechselspiel von Chaos und Ordnung zieht sich durch den Abend, mal singen die beiden in perfekten Harmonien, dann wieder schnauft und jauchzt Anna in das Mikro, schlägt schiefe Töne an und erzeugt Dissonanzen.

Das Repertoire reicht von einem neckischen Lied über das Fremde im Erzgebirge, hin zu deutschem Hiphop samt köstlicher Tanzeinlage, weiter zu Covern von Manfred Krug und Veronika Fischer, gekrönt von dem Hits-Medley mit den Songs „Eye of the tiger“, „We are the champions“, „Simply the best“ und der Starwars-Titelmelodie.

Dass man in jedes noch so banale Lied geheime, politische Botschaften spicken kann, wird anhand des Kinderliedes „so geht es im Schnützelputzhäusel“ gezeigt, welches mutig und sehr unterhaltsam von einer Zuschauerin vorgesungen wird.

Auch Andreas Gundlach zeigt, dass er auch ohne Anna einiges drauf hat, indem er während dem Klavierspielen jongliert und einen Zauberwürfel löst oder aber auch weiter spielt, während Anna um und auf ihm tanzt.

Die eineinhalb Stunden Programm sind viel zu schnell vorbei, die Stimmung im Publikum ausgelassen und fröhlich und es bedankt sich mit Standing Ovations.

Text und Fotos: Barbara Staudenmaier

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Schaubudensommer in der Scheune

So blau zeigte sich der Himmel am ersten Wochenende des Schaubudensommers.

Weniger Glück mit dem Wetter hatten die Besucher am zweiten Wochenende des Schaubudensommers. Dafür war jedoch der Kuschelfaktor in den Zelten und Containern definitiv höher. Trotz Regenschauern bildeten sich lange Schlangen vor dem Eingang und den jeweiligen Zelten und Containern.
Das Schöne ist, das trotz all dem ich-will-so-viel-wie-möglich-sehen, oder gerade wegen der langen Schlangen die kribbelnde Aufregung Hand in Hand mit einer gewissen Gelassenheit auftaucht. Gut möglich, das dies auch an der Länge des Schaubudensommers liegt. Schließlich hat man ja 10 Tage Zeit sich alles anzuschauen.
A là Was du heute nicht kannst erleben, morgen geht’s weiter- was ein Segen…

Kulturbeitrag für das Gelände

Bereits der Eintritt aufs Gelände für 3€ Kulturbeitrag lohnt sich sehr. Die Buden, Zelte und Container sind nicht nur von Innen sehr aufregend, sondern auch von außen sehr hübsch anzusehen. Der Duft von Rindenmulch, Geräusche aus den Zelten und neugierige Blicke durch die Vorhänge verbreiten diese Freude, die jedes Kind früher im Zirkus oder auch vor Weihnachten verspürt hat. Die Gestaltung des Platzes teilten dieses Jahr vier KünstlerInnen: Das Künstlerduo Muriel Cornejo und César Olhagaray aus Chile konstruierten fliegende Figuren, Marionetten, die im Winde tanzten und neue Formen annahmen, KETE installierte Feinripphemden als Lampen, Regenschirme als Leuchtballons und Gummipuppen in den Bäumen. Für die Veranstaltungshinweise kreierte Spacke künstlerische Botschaften und Schriftzüge.

Cia. Zero em Conducta

Im Trollhaus überzeugte das spanische Duo Cia. Zero em Conducta mit der Premiere ihrer extra langen Version der Performance um und mit Poubelle. „Poubelle, das kleine Miststück.“

Im Zelt ist es dunkel, auf der Bühne steht ein unordentlicher Tisch: hier zwei Kaffee-to-go-Becher, dort eine Klopapierrolle, eine zerflatterte Broschüre, eine Plastikflasche und bunte Plastiktüten. Das Duo beginnt mit einem Tanz, perfekt synchron bewegen sie sich mit marionettenmäßigen Bewegungen. Dazu wenige Geräusche aus den Lautsprechern, den Rest der Musik übernimmt der Regen der auf das Zeltdach prasselt und die Donnerschläge aus der Ferne. Der Marionettentanz endet mit dem Verheddern der Hände der  beiden in einer Plastiktüte. Und langsam formt sich daraus Teil zwei der Performance: Vorsichtig werden diverse Müllgegenstände des Tisches aufgehoben und begutachtet und auf einmal lacht das Publikum los: aus den zwei Kaffeebechern, die über zwei Finger gestülpt wurden, entsteht aus zunächst belanglos gewählten Alltagsobjekten eine Figur, dank der Pappaugen große Ähnlichkeit mit ET. Und los geht das lustige und herzzerreißende Hand- und Fingerpuppenspiel.

Mit Julieta Gascón und José Antonio Puchades (Putxa)

PUNTMOC

Doch schnell rein in das nächste Zelt. In Le Grando Rouge – Zelt beginnt die nächste Vorstellung in wenigen Minuten.

Wieder kommen die Künstler aus Spanien, doch diesmal sind es drei junge Brüder in weißen Hemden: PUNTMOC legen direkt mit geballter Energie los. Ihre Performance funktioniert ohne Drehbuch, ohne Requisiten und ohne Worte. Aus ihren Körpern bilden sie Alltagsgegenstände, verkörpern Persönlichkeiten und covern Bands verschiedener Musikgenres. Hinter mir sitzt ein neugieriges Kind, das bei jeder neuen Pose der Jungs laut in die Runde fragt: „Was soll das denn jetzt sein?“ Doch genau mit dieser Vorstellungskraft der Zuschauer spielt Puntmoc. Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit, Energie und auch Lautstärke verwandeln sich die Figuren und überlassen es dem Publikum, was man sehen möchte.
Mit Héctor, Juli und Guillem Boada

Mauro Paganini

Dann ab zu Mauro Paganini. Der Argentinier erzählt eine Geschichte über Krieg, Liebe, Verzweiflung und Hoffnung mit dem Namen „Lonely Room“, umrahmt von seinen Bewegungen und seiner Musik. Auf der Bühne gibt es mehrere Requisiten, vorrangig Möbelstücke, doch im Laufe der Performance stellen sie sich als Musikinstrumente heraus. So spielt er mal mit einer aus Dosen, Holzleisten und Seiten zusammengebastelten Gitarre und singt sein trauriges Liebeslied in den Lampenschirm an der Decke, oder aber er zupft an einer Art Cello, bestehend aus einem kleinen Schränkchen. Im Programmheft steht, der Protagonist begebe sich “in einem traumähnlichen Zustand außerhalb der linearen Zeit […]auf eine wundersam schaurige Reise“. Mir persönlich jedoch kam es wie eine zusammenhaftende Erzählung, eine Liebesgeschichte vor. Doch sehr real und menschlich und lange nicht so mysteriös wie im Programm angekündigt. Das richtig überraschende und auch verwunderliche bleiben aber die wundersamen Instrumente und der schöne Klang, den sie hervorbringen.

Eins der schönsten Dinge des Schaubudensommers ist, neben und nach all dem Trubel in der Scheune, der Auszug der Band um Mitternacht. Angeleitet vom Direktor, gefolgt von dem Publikums; raus aus der Scheune, rein in die Straßen der Neustadt. Jeden Tag ein anderes Ziel, jeden Tag eine andere Überraschung die dann auf einen wartet.

Auch die Konzerte danach um Mitternacht sind nicht zu vergessen und waren auch dieses Jahr wieder gut besucht und rundeten den bunten Abend perfekt ab.

Rund um, einem Sommer in Dresden ohne den Schaubudensommer in der Scheune, würde etwas fehlen. Alle, die nicht weit weg in den Urlaub fahren, können hier in eine verzauberte Welt eintreten und somit auch Urlaub von der Realität und dem Alltag machen. Es ist wie Urlaub in der eigenen Stadt, machen:

Liebes Schaubudensommerteam, wir freuen uns schon auf nächstes Jahr!

Text: Barbara Staudenmaier

Fotos: André Wirsing – Pressefotos Schaubudensommer

 

 

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Kulturgeflüster kuratiert: Unsere Favouriten im Juli

Klick dich zu unseren Sommerfavouriten:

Eis Eis Baby – Comödie Dresden
Wie es euch gefällt – Botanischer Garten
Der Schaubudensommer
parallel situation – Anna Till und Barbara Lubich im riesa efau
Ostrale 2017

Produktion: Meike Krauß

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Roger Rekless steigt in den Ring

Auf Wunsch des Feature Ring-Trio wird seit diesem Jahr nicht mehr auf einer erhöhten Bühne sondern ebenerdig gespielt. Nur der blaue Untergrund scheint noch die Andeutung einer Bühne zu sein. Dafür sitzt das Publikum auf einer mehrstufigen Tribüne frontal und rechts von der Band aus verteilt. Die Anordnung von Publikum und Musikern erinnert tatsächlich ein wenig an einen Wettkampfring. Wo sich alles darauf konzentriert was gleich in ihrer Mitte passieren wird. Wer wird den ersten Schritt machen?
Diesen Mai stieg Roger Rekless zu den dreien in den Ring. Rekless ist ein deutscher Musiker, der im HipHop sowohl als Produzent, Sänger, Rapper, aber auch als DJ zu Hause ist. An diesem Abend eröffnete Demian zunächst allein das Konzert, in dem er am Schlagzeug anfing einen Rhythmus zu erzeugen und es mit elektronischen Aufnahmen von Geräuschen ausbaute – elektronische Soundpulte, die eigentlich eher wie ein buntes Kinderkeyboard aussehen, scheinen zu jedem Feature Ring-Abend zu gehören. Nach ein paar Takten Schlagzeug-Beats begrüßt er herzlich das Publikum und bittet darum mit ihm gemeinsam Felix-Otto, Eren und besonders den Star-Gast des Abends, Roger Rekless, willkommen zu heißen. Jeder der auf die Bühne hinzukommt beginnt zu spielen und das erste Lied puzzelt sich nach und nach zusammen. Nach dem ersten Lied setzt Roger auch seine Sonnenbrille ab. Er rät uns, lieber nie auf die Idee zu kommen eine Sonnenbrille auf der Bühne zu tragen und zu denken, dass es cool sei. In Wirklichkeit ist es überhaupt nicht nützlich, weil man absolut nichts sieht, wie er eben selbst feststellen musste. Sympathisch, der Typ! Rekless beginnt im nächsten Stück sofort mit einem Cheer das Publikum einzubeziehen, schließlich gehöre es sich so. Im HipHop hat das Publikum Einfluss auf die Musik und erhält Aufträge, so auch wir. Immer wenn sein Arm hoch geht kommt von uns ein „Ohhh“. Die Stimmung wird lockerer.

Das Konzept des Formats

Entstanden ist die Idee, aus dem Eifer des Ring-Trios von den großen Musikern lernen zu wollen, sich Tipps und Tricks abzuschauen, zu sehen wie andere ihre Musik machen.
Einmal im Monat verwandelt sich das Festpielhaus Hellerau dann in einen „Feature-Ring“. Drei Musiker sind immer dabei: Pianist Eren Solak, Bassist Felix-Otto Jacobi und Schlagzeuger Demian Kappenstein. Jeden Monat wird ein anderer Künstler eingeladen und seine Musik einmal „durch den Fleischwolf“ gedreht, wie es Demian ausdrückte. Feature Ring ist nämlich alles andere als ein klassisches Konzert. Hier geht es darum ein musikalisches Erlebnis für den Moment zu schaffen. Die Werke so wie wir sie eigentlich von eingeladenen Künstlern kennen, werden oft in einen völlig neuen Zusammenhang gestellt, in ein anderes Gerne versetzt, aber vor allem werden sie mit einer ordentlichen Portion Improvisation gewürzt. : Der „Feature Ring“ feiert dieses Jahr sein zehnjähriges Jubiläum.

Improvisation

Rekless erklärt uns, dass alles was sie heute Abend spielen werden, sehr improvisiert sein wird. Die Zeit für Proben vor einem Feature Ring-Abend ist meistens sehr knapp, weil die geladenen Künstler oft eine längere Anreise und auch einen vollen Terminkalender haben. So fällt das Kennenlernen und Proben meistens auf die Stunden vor dem Auftritt. Sie werden etwas für den Moment schaffen, was es so noch nie gab und auch danach nicht wieder geben wird. Der Moment, der Rap, die Musik ist nur für uns, hier zu erleben. Alles ist temporär. Ein schöner Blickwinkel und die wohl richtige Einstellung die man für Improvisation benötigt. Dass Roger Rekless definitiv ein talentierter Freestyle-Rapper ist, davon hat er wohl den letzten spätestens dann überzeugt, nachdem er spontan einen Song über Hosenträger performte. Er hatte das Publikum darum gebeten ihm ein Thema zu nennen über welches er im nächsten Lied rappen soll. Sehr mutig von ihm. Ein Mann schlägt als Stichwort Hosenträger vor. Rekless nimmt diese Herausforderung an und beginnt uns die Story zu rappen, wie er seine ersten Hosenträger gekauft hat. Es war lustig und spannend zu gleich. Rekless meint er sei selbst überrascht, was dabei cooles rausgekommen. Das ist auch der der Nervenkitzel an der Improvisation, da man nie selbst weiß, wo es hingehen wird.

Unser Zitat des Abend von Roger: „Manchmal ist es einfacher Dinge auf Papier zu bringen, als aus dem Mund“.
Danke für diesen Abend!

Text: Tara

Fotos: Elias Amler

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Gastbeitrag Theaternetz: Zwischen Opernhaus, Showbühne und Menagerie – Im Gespräch mit Fabian Egli

Theaternetz ist ein junger Kulturjournalismus aus Stuttgart. Während wir die breite Kulturlandschaft in Dresden abbilden konzentriert sich Theaternetz ganz auf die Theaterlandschaft in und um Stuttgart. Auch unsere Artikel zum Thema Theater wurden bereits dort veröffentlicht. In ihrer Kategorie Coffe & Cigarettes treffen die Autor*innen von Theaternetz die Menschen hinter der Aufführung. Dieses Mal im Gespräch mit Fabian Egli

Bereits in den frühen Kindheitsjahren wurde die Stimmgewalt des Schweizers Fabian Egli erkannt. Sein Weg führte vom Kinderchor bis in die Opernhäuser und Musicalbühnen der Republik. Heute agiert der satte Bariton in den Niederlanden, Deutschland und der Schweiz und hat sich unlängst als Künstler der universellen Fähigkeiten etabliert.

Na, dann legen wir mal los. Wie kamst du eigentlich zum Theater?
Irgendwie war das so selbstverständlich. Ich bin, als ich fünf Jahre alt war, mit meinem Vater in ein Adventskonzert gegangen und dort hat ein Kinderchor gesungen. Sofort habe ich zu meinem Vater gesagt, dass ich das machen möchte. Der Chor war eigentlich erst ab acht Jahren zugänglich, doch die Chorleiterin hat eine Ausnahme gemacht und ich durfte mitmachen. Schon mit fünf Jahren habe ich also regelmäßig Gesangsförderung erhalten und immerzu gesungen. Ich hatte das Glück, dass die Chorleiterin – eine nette Dame – recht schnell erkannt hat, dass ich Talent habe und so erhielt ich schon in jungen Jahren eine besondere Förderung. Die meisten sind dann irgendwann im Stimmbruch ausgeschieden. Bei mir kam der recht früh, schon mit zwölf Jahren und über die Sommerferien hatte ich plötzlich schon meine Männerstimme. Doch ich wollte unbedingt ein Teil des Chores bleiben und von da an hat die Leiterin extra für mich eine Bassstimme in die Stücke des Kinderchors reingeschrieben. Hierdurch hatte ich immer Solostimmen und erhielt eine spezielle Förderung. Neben dem Sologesangsunterricht, den ich dann nahm, habe ich dann drei Jahre vor dem Abitur mit einem Pianisten – der ähnlich verrückt war wie ich – ein Duo gegründet. Mit einem breiten Repertoire traten wir so schon in kleinen Theatern auf. Ich bin also reingewachsen in die ganze Sache. Dann kam irgendwann die Frage: Schaffe ich es ins Studium oder nicht? Mein Lehrer hat gemeint ich würde es schaffen. Ich wurde dann auch genommen und habe erst mal ganz normal Gesang und Gesangslehre in der Schweiz studiert. Ich wusste aber immer, dass ich auf die Bühne wollte. Es ist schön, auch mal eine Messe zu singen, mach ich auch jetzt dieses Jahr wieder, aber ich wusste, ich bin der Bühnenmensch. Wie ihr hört komme ich also durch den Gesang zum Theater.

Du hast dein Aufbaustudium dann auch in Stuttgart gemacht. Wie war deine Zeit dort und was verbindest du noch mit der Stadt?
Ich kam ganz spontan nach Stuttgart. Eigentlich war mein Plan in Amsterdam zu studieren. In dieser Schule kam es aber aufgrund politischer Gründe zu Lehrerwechsel und dann habe ich dort meinen Platz verloren. Stuttgart war dann noch die Schule, die noch keinen Anmeldeschluss hatte und ich kannte jemanden der da ist und der sagte es wäre gut und ich solle es versuchen. Das habe ich dann gemacht und wurde angenommen. Das tolle in der Stuttgarter Opernschule ist, dass sie ihr eigenes Theater hat. Im Wilhelmatheater, in dem die Opern- und Schauspielstudenten der Hochschule spielen dürfen, lernt man so von Anfang an, wie Theater funktioniert. Die gesamten Abläufe gleichen einem Realbetrieb. Das ist sehr wertvoll. Man lernt recht schnell dieses eigentümliche System kennen. Es ist so, dass man mit diesem System klarkommen muss, wenn man in diesem Job bestehen will. Und sonst, muss ich ehrlich sagen, verbindet mich mit Stuttgart nicht mehr viel, da ich eigentlich nur gearbeitet habe die ganze Zeit. Ich bin auch nie so richtig in das Studentenleben reingewachsen, die meisten waren nämlich schon von Beginn an auf dieser Schule. Ich bin da eigentlich einfach so dran vorbei gereist. Stuttgart ist ja auch ein Ort, an dem sehr viel läuft mit seinen vielen Theatern, seiner Kabarett- und Varietészene. Ich war sehr, sehr oft im Theater und im Gegensatz zu meinen Studienkollegen nicht nur im Staatstheater, sondern auch in den ganzen anderen Häusern und kleinen Bühnen. So oft es ging war ich im Theater.

Also liebst du auch die Vielseitigkeit?
Ja, diese Vielseitigkeit ist für mich wichtig. Ich finde sowieso, dass diese ganze Abgrenzung in den ganzen Sparten völlig unsinnig ist. Also, warum hat die Oper so viel Angst vor dem Musical oder das Schauspiel vor der Oper? Wir machen eigentlich alle das gleiche. Wir stehen auf der Bühne und bieten dem Publikum etwas, dass mit Kunst in all ihrer Facetten zu tun hat. Statt gegenseitiger Abgrenzung der Sparten, die aufgrund der jeweiligen Stückauswahl schon gegeben ist, könnte man auch produktiv zusammen arbeiten und voneinander lernen. Ein Beispiel: Vom Kabarett – wenn es gut gemacht ist – kann ich sehr viel was Timing, Rhythmus und Pointen setzen angeht lernen. Das kann ich wieder für meine Bereiche Oper und Musical brauchen. Deutschland hängt hier beispielweise Holland extrem hinterher. Hier kam es schon zum Umdenken und das starre Schubladendenken der Sparten lockert sich allmählich. Wir schreiben was, wir machen was und wenn Leute kommen ist die Etikette die drauf ist egal. Die Mischproduktionen zwischen Schauspiel, Ballett, Oper und auch Musical sind so fruchtbar und künstlerisch spannend.

Kondition und Wille

Was zeichnet deiner Meinung nach eigentlich einen guten Opernsänger aus und was einen guten Musicaldarsteller?
Bei der Oper ist es schon so, dass natürlich die vokale Qualität an erster Stelle steht. In erster Linie also toll singen. Man kann das ein Stück weit auch nicht beeinflussen. Entweder du hast dieses Timbre und das Material oder nicht. Dann, oben drauf kommt deine Ausbildung. Hast du eine ordentliche Technik, die es dir erlaubt, das was in dir steckt zu nutzen, ohne dass man etwas kaputt macht. Über die Jahre wird man besser, man reift. Dann ist aber auch ein großer Bereich, den ich zu Beginn erst einmal unterschätzt habe: Man muss einfach auch die Kondition und den Willen mitbringen, immer und als Standard eine gewisse Lautstärke zu produzieren, hierfür muss man oft leider Abstriche in der künstlerischen Darstellung machen. Viele Häuser sind akustisch, mit ihren hochgefahrenen Orchestergräben, nicht optimal gebaut und wenn das Orchester dann spielt, dann brennt die Bude und man muss schauen, wie man durch kommt. Da kann man lange schön Ausdruck spielen, wenn man nichts hört, ist es blöd. Das muss einem, wenn man sich in der Oper wirklich wohlfühlen will, recht sein. Da macht man dann eben im Spiel Abstriche und letztlich auch im Ausdruck. Wenn man viel Geräusch und Klang produzieren muss, sieht man auch nicht mehr so entspannt aus, was ganz normal ist. Wenn einem allerdings der Ausdruck und das Spiel wichtig wäre – das ist es in meinem Falle auch – dann hat man es in der Oper in Deutschland sehr schwer. Hier sind noch ein großer Klang und ein großes Orchester gefragt. Beim Musical ist es etwas anders. Hier ist eher die Vielseitigkeit wichtig. Die Gewichtung des Spiels und des Tanzes ist viel größer. Nur mit einer schönen Stimme hat man im Musical keine Chancen. Es gibt natürlich solche Cracks, die in allen drei Bereichen gleich gut sind, aber normalerweise sind zwei starke Bereiche Standard und den dritten nimmt man so mit. Dies reicht auch aus, denn wenn ein Tänzer super tanzt und ein Sänger daneben hervorragend singt und beide gut spielen, dann gleicht sich das aus. Das Interesse an den unterschiedlichsten Ausdrucksformen ist also im Musical von großer Bedeutung. Musical ist schließlich so breit gefächert quer durch alle Genres. Wenn man seine Nische findet im Musicalbereich, dann hat man Erfolg. Bei mir ist es der Gesang und dann das Schauspiel. Tanz ja, das geht schon. (lacht) Nicht meine Stärke, aber ich komme mit…

Deine Passion – Oper oder Musical?
Ja, das ist das Lustige. Zunächst die Oper, wahrscheinlich weil ich die klassische Gesangsausbildung gemacht habe. Es war das Einzige, was es für mich damals gab und dann habe ich das gemacht. Ich bin auch froh darum, da man eine sehr solide gesangliche Grundausbildung erhält. Rein vokal kann mir nicht viel passieren. Aber eigentlich begeistert mich schon eher das Unterhaltungstheater. Musical ist da auch zu eng gefasst. Der ganze Bereich Musical, Show bis hin zum Varieté. Zunehmend merke ich auch, dass darin meine Stärken liegen und daher habe ich mich jetzt auch im letzten Jahr ganz dafür entschieden, in diese Richtung zu gehen. Seit ich das gemacht habe, denke ich eigentlich, dass ich das schon früher hätte machen sollen. Es war eigentlich von Kindesbeinen an das, was zu mir passte. Ich habe als Kind so viel Theater gesehen. Aber gut gemachte Musicals oder Shows begeisterten mich stets am meisten. Wir sprechen nicht von den Stücken, die laufen und die nach ein paar Monaten wieder vergessen werden. Gerade versucht man aus jedem Thema ein Musical zu machen und da kommt das häufig vor. Das war in der Oper vor 250 Jahren aber auch so, in Hundert Jahren wird auch kein Musical mehr laufen, das heute floppt. Der Vergleich ist nicht fair, das eine ist schon Jahre her und hat sich im Laufe der Zeit etabliert bzw. ist schon ausgesiebt. Das andere passiert gerade und muss noch ausgesiebt werden.

Musical und der Kommerz – wie stehst du dazu?
Ja, natürlich das ist ein zweischneidiges Schwert. Es ist ja so, dass die klassischen staatlichen oder städtischen Theaterhäuser subventioniert werden und das ist sehr wichtig. Man darf diesen Häusern unter keinen Umständen die Gelder wegnehmen, allein wegen der Bildungsfunktion, denn kein Geld, keine Bildung. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass der Kommerz im Musical auch deshalb eine solche große Rolle spielt weil hier die Subventionen fehlen. Die Musicalhäuser müssen ihre Kohle meist selbst einspielen. Das ist die eine Seite, deswegen ist eine gewisse kommerzielle Ausrichtung nötig. Wenn Musical im Rahmen eines subventionierten Mehrspartenhauses gespielt wird, dann ist es natürlich anders. Wobei selbst dort dann das Musical die „Geldreinbring-Maschine“ ist. Man setzt eines auf den Spielplan, damit die Leute kommen. Das ist schade, denn es gibt wirklich auch viele Offstream-Musicals, wo wirklich gutes Theater gemacht wird, auch zeitpolitisches Theater. Das sieht man leider selten und wenn dann nur in Studioproduktionen. Aber generell ist es schon so, dass bei den wirklich großen Produktionen die Kommerzialisierung nach und nach ins negative Extrem kippt. Stage Entertainment, beispielsweise, ist jetzt von einem Finanzinvestor übernommen worden und von einer Finanzholding die rein gewinnfixiert arbeitet. Das geht eine Zeitlang gut und dann leidet die Qualität darunter. Das erste, was daran glauben muss, ist das Orchester, wo man dann mit viel Synthesizer arbeitet und dann werden die Ensembles verkleinert. Das ist ein Problem. Wobei, da kann man jetzt auch wieder einen Gegentrend erkennen, weil die Leute nicht blöd sind und diese Qualitätseinbuße aufgrund von Gewinnerzielung erkennen. Irgendwann stimmt das Preis-Leistungsverhältnis einfach nicht mehr. Es gibt inzwischen genügend Staats- und Stadttheater und auch kleinere private Häuser, in denen tolle Produktionen laufen. Mal schauen, wie lange es dauert, bis es die großen Musicalunternehmen erreicht. Bei den großen eingekauften Shows handelt es sich nämlich oft nur noch um Reproduktion und nicht mehr um eigene Kunst.

Sind das nicht dann auch die Schattenseiten von dem Beruf des Musicaldarstellers?
Ich würde nicht sagen die Schattenseite, aber es ist schon die dunkle Wolke, die drüber schwebt. Entweder du machst als Darsteller mit in diesem Spiel, hältst dich an die Regel, läufst mit, oder du lässt es bleiben, kannst dann aber den Beruf nicht ausüben. Das hat ja auch Auswirkungen auf Auditions und auf das Casting. Überall spürst du eben, dass mehr auf Namen gesetzt wird und dabei immer auf die Gleichen – egal ob sie für eine Rolle geeignet sind oder nicht. Darunter leidet oft die Kreativität und die schöpferische Kunst. Die Chance für Leute, sich zu entwickeln bleibt aus. Komm rein, mach es und wenn du es nicht machst, lass es bleiben.

Nicht nur Gehröcke und Rüschenkostüme

Postmoderne Stilistik in der Oper – Kritiker oder Liebhaber?
Das ist ein ganz schwieriges Thema. Ich will in der Oper nicht nur Gehröcke und Rüschenkostüme sehen, aber ich will eben auch Gehröcke und Rüschenkostüme sehen. Es ist leider momentan ein Grabenkrieg, also entweder oder. Entweder man macht es traditionell, was dann aber oft meint, dass man auch nur ansatzweise von all dem absieht, was nach heutiger Zeit riecht, oder man macht modern, was dann oft dazu führt, dass man das Stück nicht mehr erkennt. Beides ist nicht gut. Ich kann in einem historischen Setting sehr wohl ein modern gedachtes Theaterstück auf die Bühne bringen. Wo die Figuren aus heutiger Sicht beleuchtet werden und Themen gegenwärtig betrachtet und verarbeitet werden. Die moderne Sicht ist sehr wichtig, sonst ist es ein Museumsstück. Wichtig ist aber immer auch der inhaltliche Bezug zur Thematik. Wenn es postmodern ist der Postmoderne wegen, dann fehlt mir die durchdachte, schlüssige Sichtweise auf das Stück. Ich muss nicht immer die Auffassung des Regisseurs teilen, aber wenn ich sie nachvollziehen kann und ein Diskurs entsteht, dann ist das gut. Man merkt das auf den Proben ganz schnell. Es kommen Momente wo der Regisseur sich ans Libretto setzt und sagt: „Ja, aber diese Szene. Es ist auch einfach nicht gut geschrieben, das streichen wir“, das sagt mir dann, dass da kein schlüssiges Konzept vorhanden ist. Das heißt nicht, dass man alles so spielen soll wie es geschrieben steht – das wäre ja schrecklich – aber wenn man ein Stück inhaltslos zusammensetzt, dann geht vieles schief. Viel funktioniert bei den postmodernen Sachen auch deswegen, das glaube ich und das ist jetzt vielleicht auch sehr subjektiv gesagt, weil Zuschauer, die das Stück anschauen und den eigentlichen Inhalt gar nicht verstehen, eine fantasierte, höhere Bedeutung darin sehen, oder dass Andere sich davor komplett verschließen und in dem Irrglauben sind, dass die Kunst zu hoch für sie ist. Ich hab das auch selber als Darsteller erlebt. Nicht nur der Zuschauer wusste nicht mehr um was es geht, sondern auch wir Darsteller und bedauernswerterweise auch der Regisseur, der nur mit philosophischen und psychologischen Vorträgen daherkommt. Im Schauspiel ist das ähnlich, wobei die Sparten in dieser Thematik auch nicht gleichzusetzen sind und es hier Differenzen gibt.

Was zeichnet einen guten Regisseur dann aus?
Aus meiner Sicht sind das drei Bereiche. Zunächst sollte er einen großen Respekt vor dem Stück haben. Ich will als Darsteller erkennen, dass sich hier jemand wirklich genau damit beschäftigt hat. Wenn schon im Konzeptionsgespräch gesagt wird: „Es ist aber auch keine starke Vorlage“, dann merke ich, dass dieser Respekt in jeder Hinsicht fehlt. In der Operette ist es beispielsweise so, dass man die ganzen alten Texte umschreibt – klar, weil dieses alte gestelzte Deutsch schwierig ist. Aber es gehört dazu und es ist ein Stilmittel dieses Stücks und die Kunst ist es eben, daraus etwas zu machen. Eine andere Bedingung ist, dass ein Regisseur auf die Leute eingehen kann und das entsprechend ihrer Besonderheiten und Fähigkeiten. Ein Regisseur muss die Ressourcen der Darsteller erkennen und mit diesen gemäß seiner Konzeption arbeiten. Neben der kreativen Tätigkeit sollte ein Regisseur aber auch menschliche Werte vertreten und organisatorisch den Überblick nicht verlieren. Denn miese Stimmung killt jegliche Art von Kreativität. Ich will von einem Regisseur eine Ahnung erhalten, wie er meine Rolle sehen will und kombiniere das mit meinen Vorstellungen. Es soll ein Zusammenspiel sein, das ist aber nur möglich, wenn seitens der Regie eine Grundidee vorhanden ist.

Inszenatorisch gibt es im Musiktheater unterschiedliche Ansätze. Die reine Bedienung der Partitur reicht nicht mehr aus. Zunehmend werden lyrische Werke eingewoben, das Libretto umgeschrieben oder ergänzt und entgegensetzte szenische Darstellungen auf die Bühne gebracht. Der Fokus liegt nicht mehr auf dem eigentlichen Werk sondern eine Art Reibung entsteht. Also assoziative Inszenierungen und reflexive Verschärfung der Thematik.
Ich finde so etwas total interessant. Man kann und sollte das auch machen, muss man aber auch nicht. Wenn solche Produktionen hin und wieder einmal laufen und beispielsweise in der „Zauberflöte“ das Thema Syrien eine Rolle spielt, oder wenn bei „Hänsel und Gretel“ Thema Kinderarmut eingewoben wird, warum nicht. Es ist schon auch wichtig, dass das Theater nicht immer gefällig ist und auch das Musiktheater. Dieses ist ja dem größten Risiko ausgesetzt, einfach nur gefällig zu sein. Im Schauspiel ist es besser möglich solche Brüche einzubauen. Ich finde es in Ordnung und sehr wichtig, aber es sollte kein Standard sein. Es muss für mein Empfinden auch Theater gemacht werden, das einfach nur unterhält. Das hat eine wichtige Funktion gerade in unserer heutigen Zeit. Es ist nicht so, dass wenn das Theater bestimmte Problematiken nicht zeigt, dass die Leute es dann nicht wissen. Das war früher mal so, da war das Theater ein Informationsorgan. Heutzutage werden die Leute permanent mit solchen Themen konfrontiert. Ich saß heute jetzt im Frühstücksraum im Hotel und da ist ein Fernsehbildschirm, da läuft nonstop vierundzwanzig Stunden am Tag NTV, ich hab mich dann irgendwann umgesetzt, denn man entkommt den gegenwärtigen Schreckensnachrichten nicht. Muss das jetzt hier im Frühstücksraum sein? Da liegen sowieso überall Zeitungen, jeder hat ein Handy.

Jetzt steige ich mal aus

Deswegen finde ich es wichtig, dass die Leute auch einmal sagen können: „Jetzt steige ich mal aus und mache Pause. Jetzt mach ich mal das Handy aus. Ich will jetzt mal nichts mehr wissen und gebe mir mal drei Stunden die volle Dröhnung. Ich will mich jetzt einfach mal wegträumen. Dann beschäftige ich mich wieder mit den Themen der Gegenwart.“ Das ist auch eine Funktion des Theaters, die aber sehr verpönt ist, immer noch, die aber, so wie ich finde, gerade heute, sehr, sehr wichtig ist – die muss man sehr ernst nehmen. Das heißt also, was du eingangs beschrieben hast, wenn diese Art, Theater zu machen, Standard ist, dann haben wir keine Ruhezone in unserem Alltag und auch das Theater kann so ein Ort sein. Diese Funktion hat gerade das Kino im Moment. Wenn man da die Beschreibung durchliest, dann weiß man, was man kriegt, das sollte das Theater – wenn auch nicht immer – auch können. Gerade das Musical hat da eine wichtige Funktion und das ist gerade der ehrliche Teil an diesem Genre. Das Musical will meistens nicht mehr sein als es ist. Es ist eben manchmal reine Unterhaltung und Show, man will, dass die Zuschauer sich gut fühlen für kurze Zeit. Es braucht also eine Waage zwischen den verschiedenen Herangehensweisen Theater zu machen und diese sollten möglichst verschieden sein und möglichst immer wieder etwas Neues entdecken.

Sollte so auch ein Spielplan aussehen?
Der Gemischtwarenladen innerhalb eines Hauses ist nicht gut, da man eben nicht die Spezialisten bekommt. So sollte jedes Haus seine Richtung entwickeln, man kann es nie allen recht machen. Pluralistisch gesehen sollte Theater nicht auf der Hausebene gesehen werden, aber im Makrokosmos des Theaters.

Was wäre dein Ratschlag für junge Künstler?
Nicht stur sein. Nicht den Tunnelblick einschalten – das wäre ganz schlecht. Mut zur Persönlichkeit, zum eigenen Ich ist ganz wichtig. Die Einstellung: „Das ist mein Weg. Das habe ich studiert. Das will ich und das mach ich. Alles was hier oder da ist, das existiert nicht in meiner Welt“, das ist tödlich. Da bekommt man keine Chance und keine Jobs. Man sollte offen sein und ausprobieren und dann aber auch ehrlich mit sich selbst sein, wenn man etwas probiert hat und es dann anschließend nicht präferiert. Man sollte sich in der Kunst aber auf keinen Fall verbiegen, um einen Job zu bekommen. Die Versuchung ist immer da. Ich hatte selbst bis vor kurzem keine Arbeit und da macht man sich Gedanken, sich überall vorzustellen, sich die Haare abzuschneiden oder wachsen zu lassen (lacht). Aber es bringt nichts, wenn man sich verstellt. Also Mut zur eigenen Person, sich nicht einebnen und eingleichen lassen, aber bleibt offen und probiert euch aus.

Nikolaus ist fast wie Weihnachten

Du bist ein Tausendsassa. Hast dich neben deiner Tätigkeit als Musical- und Operndarsteller auch in Heilbronn beim renommierten Weihnachtscircus, in der Rolle des Conférenciers, als feste Instanz etabliert. Wie kamst du eigentlich zum Zirkus und was ist das Besondere daran?
(schmunzelt) Also dazu kam ich eigentlich wie Maria zum Jesuskind. Als ich hier zum Zirkus kam war ich noch gar kein ausgebildeter Sänger. Das war ganz am Anfang, da war der Weihnachtscircus noch ganz klein und vorne im Foyer wurde ein Nikolaus gebraucht. Es ist hier relativ schwierig jemand zu finden, der nicht einfach den Wattebart anhängt und leidenschaftslos übergestikuliert. Bei uns aber in der Schweiz, gerade in der Region Zürich, wo ich ursprünglich herkomme, da ist Nikolaus eine ganz große Tradition – das hat einen ähnlichen Stellenwert wie Weihnachten. Es gibt eigentlich fast in jedem Ort und in den größeren Städten richtige Nikolausgesellschaften. Da besucht man wirklich dann die Familien, die das buchen können, man singt mit den Kindern, bringt kleine Geschenke und spricht mit den Familienmitgliedern. Ich mache das in dem Dorf, wo ich aufgewachsen bin, schon seit ich sechzehn bin und noch immer. Ich bin inzwischen der Dorfnikolaus in diesem Ort geworden und weil ich das mache, hat ein Schweizer, der damals im Weihnachtscircus die Gastronomie betreut hat, zur Direktion gesagt, dass er jemanden aus der Schweiz für diese Funktion heraussucht. Der kannte mich, weil er Jahre vorher bei meinem Vater in der Handelsschule war und hat angerufen bei uns. Ich habe dann zugesagt, was relativ idiotisch war, weil ich vor dem Weihnachtscircus die schriftlichen Abitursprüfungen hatte und anschließend die mündlichen Prüfungen. So bin ich dann mit der Literaturkiste angereist und hab zwischen Lernen, Nikolaus und Colaverkauf hin und her jongliert. Das habe ich dreimal gemacht und als dann ein Werbesprecher gebraucht wurde, weil der eigentliche Moderator das nicht machen wollte – damals wurde die Werbung noch live gesprochen und nicht schon im Studio vorproduziert so wie heute – habe ich das übernommen und dabei wohl überzeugt. (lacht) Als Schweizer hatte mir das niemand zuvor zugetraut – weil ich ja kein Deutsch sprechen konnte (lacht wieder) – im zweiten Jahr habe ich als Nikolaus noch im Opening in der Manege gestanden und musste zu Beginn auf Vollplayback, das hatte vorher jemand eingesprochen, einen Text nachmimen. 2003 habe ich dann die Funktion komplett übernommen und bin immer noch dabei. Das Besondere ist einerseits, dass man mit dem Betrieb so mitwachsen konnte. Nicht nur war ich damals noch hölzern und unerfahren, sondern auch der Zirkus drum herum war noch sehr bescheiden und das hat sich jetzt in den letzten zehn bzw. fünfzehn Jahren zu einer hochprofessionellen Show entwickelt. Das betrifft auch Licht, Ton und Orchester und so weiter. Und auch ich bin im Laufe des dann beginnenden Studiums und den folgenden Engagements gereift und „gewachsen“. Es sind auch im Zirkus noch immer die gleichen Leute und das ist toll, bei so einer Entwicklung dabei zu sein. Mir selber hat das alles sehr viel gebracht. Es ist eine besondere Form der Darstellung. Man muss ein ganzes Rund bespielen, es ist unruhig und es gilt, eine spezielle Art der Präsenz zu entwickeln. Am Anfang war ich zu wenig präsent, dann macht man zu viel weil man die Leute kriegen will, darunter leidet dann das Timing. Das habe ich im Zirkus gelernt und das bringt mir für die Bühne ganz viel. Das verstehen viele Kollegen nicht, die diese Arbeit belächeln.

In welcher Form belächeln?
Ach, schon im Studium wurde gesagt: „Ja, wenn du halt wieder im Dezember auf den Kinderspielplatz gehen musst, dann mach es halt, wenn du meinst.“ Auch in den Häusern musste ich jedes Mal um diese Zeit kämpfen. Aber da sage ich schon lange nichts mehr dazu. Auch ein Zirkus kommt ohne Subventionen aus und was die an Werbung und Öffentlichkeitsarbeit machen um präsent zu sein, nicht nur der Weihnachtscircus, auch Dinnershows , da können sich Theater eine dicke Scheibe davon abschneiden. Von mir als Darsteller verlangt der Weihnachtscircus auch doppelt so viel ab. Ich entwickele eine spezielle Form der Ausdauer. Der Rhythmus von zwei bis drei Shows am Tag, die an die drei Stunden dauern. Es ist kalt, es zieht, es ist staubig und dann hast du noch Pferdemist im Schuh. All das unter sehr schwierigen Bedingungen, in einem Gebilde aus Stangen und Planen, bei Minusgraden draußen. Da ist man im Theater sehr verwöhnt und da könnte jeder einmal etwas lernen, vor allem Bescheidenheit und zwischenmenschliche Werte im Umgang mit Menschen.

„Keep smiling“

 In der Manege bist du der Showmaster und im echten Leben?
(schmunzelt) Im echten Leben natürlich nicht immer, das wäre ja furchtbar. Ich kann auch privat mal der Showmaster sein und auf einer Party eine Geschichte erzählen. Aber auch der Moderator in der Manege ist eine Rolle, auch wenn ich das unter meinem eigenen Namen mache. Es ist alles immer fröhlich, überzeichnet und cool. Das ist natürlich alles eine Rolle die mir Spaß macht, da steckt auch logisch viel von mir selbst drinnen – sonst wäre sie sehr künstlich und unglaubwürdig – aber es ist und bleibt letztlich auch eine Kunstfigur. Sonst wäre ich privat ja auch nicht zum Aushalten. Die Show ist immer temperamentvoll, energetisch und gutgelaunt, aber hinten passieren natürlich auch einmal Schicksalsschläge oder man hat einen Streit und man muss halt rausgehen und „Keep smiling!“. Das habe ich auch im Zirkus gelernt. Egal was ist, wenn du im Rampenlicht stehst musst du fokussiert sein und deinen Job immer auf demselben Niveau abliefern.