Kategorien
Allgemein Theater

Je oller, je doller – Die Travestie-Theatershow geht zu Ende

Sie treffen sich täglich um viertel nach Drei… am 01.02.allerdings zum letzten Mal.

Die Rede ist von Christel-Marie Popovic, Liliane Fiedler und Ottilie Neumann, den Hauptdarstellerinnen aus „Je oller, je doller – Die Travestie-Theatershow“ im Boulevardtheater Dresden. Nun geht die beliebte Musikkomödie in die finale Staffel.

Seit der Premiere am 16.04.2017 konnten Besucher die Inszenierung bereits über 50 Mal live erleben. Am 01.02.2020 findet die 56. und letzte Vorstellung der Erfolgsproduktion statt. Vorher sind die Tortenladies noch vom 24.-27.01. auf der großen Bühne zu sehen. Zum Abschied am 01.02. gibt es im Anschluss an die Show noch die „Disco im Foyer“.

Das Theaterstück erzählt die Geschichte dreier älterer Damen, die täglich bei Kaffee und Torte über das Leben philosophieren und die ein oder andere Anekdote zum Besten geben.

Hauptakteure sind Christel-Marie Popovic, eine aus Jugoslawien stammende Dame, die Design studiert hat, Liliane Fiedler, die weiß was sie will und sagt was sie denkt und sowas mal eine Miss-Wahl –in Rathen – gewonnen hat und Ottilie Neumann, der Konterpart zu Lilly, die ihr Herz am rechten Fleck hat und ihre große Liebe in süßen Leckereien gefunden hat.

Verkörpert werden die Damen von jungen Männern. Manuel Krstanovic (Christel-Marie), Andreas Köhler (Lilliane) und Michael Kuhn (Ottilie) schlüpfen in glamouröse Kleider und hohe Schuhe und präsentieren die besten Seiten der Weiblichkeit.

Ganz nach dem Motto „Aber bitte mit Sahne“ schlemmen die Drei ordentlich auf der Bühne.

Die Zuschauer erwartet eine turbulente Theatershow über Freundschaft, Liebe und das Leben. Versüßt wird die Show mit einer Menge feministischer Hits von Helga Hahnemann bis Gloria Gaynor und von Hildegard Knef bis hin zu Lady Gaga, einer Menge Kalorien, sowie viel Charme und Humor.

Neben vielen lustigen und verrückten Szenen und einer Pyjamaparty, gibt es auch einige bewegende Momente, in denen die Drei ihre emotionalen Seiten zeigen und Herzen zum Schmelzen bringen.

Selbst bei der anfangs unnahbaren Cordula kommt am Ende ein weicher Kern zum Vorschein. In der finalen Staffel wird die Rolle von Stefanie Bock (bekannt u.a. aus „KiKANiNCHEN“, „Verbotene Liebe“ und zahlreichen weiteren Produktionen aus dem Boulevardtheater Dresden) verkörpert, da Originalbesetzung Katharina Eirich Nachwuchs erwartet.

Wer nun noch einmal das Stück voller Musik und Tanz, Liebe und Herzschmerz, Witz und Glamour miterleben möchte, hat noch die Chance sich unter

https://boulevardtheater.de/produktion/je-oller-je-doller-die-travestie-theater-show.html

Karten zu sichern.

 

Beitragsbild: R. Jentzsch // Boulevardtheater Dresden

Beitrag: Lisanne Richter, Melina Israel

 

 

Kategorien
Allgemein Kunst Theater

Prosa – Ein Abend mit einer russischen Performance

Am 10. Januar waren wir zu Gast in HELLERAU – dem Europäischen Zentrum der Künste für die Eröffnung des Festivals mit dem ungewöhnlichen Namen „Karussell“, welches Kunst- und Kulturschaffende aus Russland zeigt, die zeitgenössische russische Performance Art in Dresden präsentieren. An diesem Abend sahen wir ein Stück des Regisseurs und Komponisten Vladimir Rannev:

Prosa

Ein anziehendes Bühnenbild. Mit schwarzen Platten ist der große Saal vom Boden bis zur Decke geteilt. Nach gehaltenen Eröffnungsreden erhebt sich ein Teil dieser Teilung. Ein umrahmter Raum wird sichtbar.

Ca 7x3m, ein Gefühl als würde man in einen Fernseher schauen; das visuelle Bühnenbild verstärkt dies: Von einem Beamer auf einen Netzstoff projizierte Illustrationen mit auf deutsch verfassten Sprechblasen als Text, schnell wechselnde Bilder, man liest mit. Versucht die Eindrücke zu bündeln und in
Verbindung zu bringen.
Dahinter bis zu 4 Schauspieler*innen. Zum Teil im Dunklen verborgen, in einem anderem Moment vom Licht in Erscheinung gebracht. Dank der Transparenz des Netzstoffes verschmelzen die Schauspieler*innen und die Illustrationen  zu einem Bild. Die Geschichte von „Prosa“ besteht so aus immer neuen Szenen, es wirkt wie aus einem Bilderbuch.

Eine dritte visuelle Ebene wird von Zeit zu Zeit sichtbar. Denn vor dem Netzstoff erscheinen schwebend die Abbildungen singender Frauen, ein Livemusik-Moment ohne die Sängerinnen wirklich ausmachen zu können. Nach dem Stück erfahren wir im Gespräch, dass die Sängerinnen unterhalb der Bühne stehen. Mit Spiegeln werden ihre Erscheinungen in den für die Zuschauenden sichtbaren Bereich reflektiert.
Ein trickreiches Stück.
Ein achtstimmiges Ensemble bringt vielfältige musikalische Klangteppiche hervor, verschachtelte rhythmische Passagen und schwebende Melodien, Mikrotonalität und Klänge wie aus orthodoxen Kirchen, gesungen mit russischem Text.

Die Bezeichnung dieses Stückes als „elektro-opera“ trifft in jedem Falle zu. „Prosa“ bedient sich zwei verschiedener Texte von russischen Autoren zur gleichen Zeit. Der Text des Autoren Yury Mamleev ist während des Stückes auf den Sprechblasen zu lesen, Anton Tschechows „Die Steppe“ wird von dem Frauenchor vorgetragen. Visuell beeindruckend und eine echte Herausforderung.

 

 

Text von Tilman and Maria Pätzold

Fotos: Olympia Orlova

Kategorien
Allgemein Tanz und Theater

Wenn der Hellerauer Tanzteppich in Flammen steht: „Floor on Fire – Battle of Styles“

Ballet, Contemporary, Voguing und Breakdance: Tänzer*innen dieser Tanzstile trafen am Samstag in Hellerau aufeinander um bei „Floor on Fire – Battle of Styles“ gemeinsam gegeneinander anzutreten. In insgesamt sieben Battles ging die Tanzfläche im Großen Saal des Festspielhauses zum wiederholten Mal in Flammen auf. Es wurde kombiniert, improvisiert, gejubelt, geklatscht, gestampft, Musik gespielt, aber vor allem mit aller Leidenschaft getanzt.

Es ist 17:30 Uhr, zehn Tage vor dem Ende des Jahres 2019, der Parkplatz des Europäischen Zentrums der Künste Hellerau ist voll, vor und im Festspielhaus tummeln sich die Zuschauer. Hier treffen sich Alt und Jung, Tanzbegeisterte und jene, die sich zum ersten Mal eine solche Veranstaltung anschauen, alle hatten sie das Glück, schnell genug eine Karte für die Veranstaltung bekommen zu haben. 20 Minuten später öffnen sich endlich die Türen des Großen Saals und die Leute verteilen sich auf die zwei Tribünen, links und rechts der Tanzfläche. Neben dem Tanzteppich, der an den Ecken, in denen gleich die Teams ihre Positionen einnehmen werden, rot ist, steht DJ Kid Cut und bereitet sich auf den bevorstehenden Abend vor. Vorbereitung: eine Sache, die den Tänzer*innen bei Floor on Fire im Laufe des Abends fehlen wird…

18:00 Uhr ist es dann endlich soweit. Die beiden Moderatoren begrüßen das Publikum und stellen die vierköpfigen Teams der verschiedenen Tanzstile vor: Balletttänzer*innen der Staatsoperette, Vertreter*innen der zeitgenössischen Tanzszene in Dresden, die Contemporary tanzen, Voguing-Tänzer*innen des House of Saint Laurent (früher bekannt als House of Melody)  und Mitglieder der ostdeutschen Breakdance Crew „The Saxonz“. In vier kurzen Choreografien stellen sie ihre verschiedenen Tanzrichtungen vor und geben dem Publikum schon einen kleinen Vorgeschmack auf den Abend.

Während sich die Tänzer*innen nun kurz wieder zurückziehen, erklären die beiden Moderatoren das Prinzip von Floor on Fire: Bei dem Format, welches 2015 von Hellerau und „The Saxonz“ ins Leben gerufen wurde, geht es darum, die Individualität und Vielfalt des Tanzes zu zeigen. Es werden Tänzer*innen ganz verschiedener Stile und Ästhetiken zusammengewürfelt, um zu Musik, die sie vorher nicht kennen, gemeinsam zu improvisieren und in Battles gegen die anderen Teams anzutreten. Über Gewinner und Verlierer entscheidet eine Jury, in der Kathrin Kondaurow (Intendantin der Staatsoperette), die European Mother Leo of House Saint Laurent, Helge-Björn Meyer, Leiter der Servicestelle FREIE SZENE, und ein Tänzer der Crew „Söhne des Kreises“ sitzen. Das fünfte Jurymitglied, ein zufällig ausgewählter Zuschauer, erfährt jetzt erst von seinem Glück, auf einem der roten Stühle sitzen zu dürfen, von denen aus im Laufe des Abends die Entscheidungen gefällt und verkündet werden sollen.

Dann starten auch schon die ersten Battles. Paare mit Tänzer*innen unterschiedlicher Stilrichtungen, die zwei Stunden vor der Aufführung wahrscheinlich zum ersten Mal gemeinsam getanzt haben, präsentieren ihr Können. Ein Tänzer sorgt mit Weihnachtspullover und- Mütze für eine weihnachtliche Atmosphäre und sogar für den einen oder anderen Lacher im Publikum. Wenn man sich die Tanz-Kombinationen so anschaut, hätte man am liebsten alle behalten und zum gemeinsamen Tanz auf den Tanzteppich gelassen, aber nach den dreirundigen Battles muss leider immer ein*e Tänzer*in die Bühne verlassen. Viermal entscheidet die Jury, welches Team gewinnt und sich eine*n der gegnerischen Tänzer*innen aussuchen darf, um im Halbfinale wieder anzutreten.

Nun ist sie auch schon um, die erste Stunde beim Battle of Styles. Den Zuschauer*innen wird die Gelegenheit gegeben, sich etwas zu essen oder zu trinken zu holen oder den Tanzteppich zu betreten, während backstage das Halbfinale Thema ist. Nach der Pause geht es allerdings noch nicht direkt weiter. Zuerst gibt es einen kleinen Wettbewerb, bei dem jede*r Zuschauer*in einmal über die Bühne laufen, tanzen oder springen darf und die Chance hat, einen Workshop bei Mother Leo of House Saint Laurent in der TENZA-Schmiede zu gewinnen. Die kleinste der mutigen Zuschauer*innen hat, dem Beifall nach zu urteilen, klar die Sympathie des Publikums gewonnen.

Im nun anstehenden Halbfinale tanzen immer drei Tänzer*innen zusammen, die sich als Sieger am Ende zwei weitere Tänzer*innen des anderen Teams aussuchen, die sie im Finale unterstützen dürfen. In den fünf Runden der zwei Battles sieht das Publikum ein weiteres Mal, wie vielfältig Tanz sein kann und wie gut sich die verschiedenen Stile kombinieren lassen. Leider gab es eine kleine Meinungsdifferenz zwischen dem einen Gewinnerteam und dem Publikum bei der Auswahl der Tänzer für das Finale. Denn entgegen den Wünschen der meisten Zuschauer*innen entschieden sich die Tänzer*innen gegen Alexei C. Bernard von der Staatsoperette, der sich daraufhin mit einem wunderbaren Stepptanzsolo verabschiedete.

Nachdem nun auch noch einmal die Jury in einem kleinen Interview zu Wort gekommen war, war es endlich Zeit für das große Finale des letzten Floor on Fire 2019. In 5 Runden setzten die 10 Tänzer ein letztes Mal den Tanzboden in Flammen und es kristallisierte sich endgültig das Gewinnerteam heraus.

Doch eigentlich gab es bei Floor on Fire – Battle of Styles am 21.12.2019 nur Gewinner. Natürlich lebt ein Wettbewerb von der gegenseitigen Konkurrenz, dem Übertrumpfen, dem „noch eins draufsetzen“, aber dieser hier zeigt besser als viele andere, dass es nicht um die Spaltung in Gewinner*innen und Verlierer*innen geht. Wenn das Publikum, die Tänzer*innen und alle anderen Anwesenden am letzten Samstag eins gelernt haben, dann, dass die Verschiedenheit und Individualität den Tanz – aber das lässt sich auch auf viele andere Dinge im Leben übertragen – zu etwas ganz besonderem macht, vor allem, wenn es darum geht, zu kombinieren und zu vereinen. Das ist aber nicht alles, was die Tänzer*innen mit auf den Weg gaben. Sie und DJ Kid Cut sorgten für eine hervorragende Stimmung, die dann auch in der Aftershowparty viele Zuschauer*innen auf dem Tanzteppich teilen konnten.

Nach dem Ende des Wettbewerbs blieb glücklicherweise noch die Zeit für ein kurzes Gespräch mit Alexei, dem Zuschauerliebling im Weihnachtspullover. Er stammt aus Sydney, hat dort im Alter von vier Jahren mit dem Stepptanz begonnen und übt diese Leidenschaft nun mit Perfektion aus. Inzwischen arbeitet der 26-jährige an der Staatsoperette in Dresden als Balletttänzer. Auf die Frage, wie es sich anfühle, Zuschauerliebling zu sein reagierte er äußerst erfreut, da er seinen Beruf aus Liebe zur Kunst des Tanzes gewählt hat, was man ihm auch anmerkt.

Das Format von Floor on Fire, die scheinbar kuriose Zusammenstellung verschiedener Tanzstile, ist nicht ohne Grund jedes Mal schon in weniger als 30 Minuten nach der Ticket-Freischaltung restlos ausverkauft. Das etwas andere Tanzbattle ist auf jeden Fall einen Besuch wert und vielleicht ja auch ein gutes Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk, denn was ist schöner als gemeinsam und mit Spaß verbrachte Zeit?

 

Text: Ingrid Hering und Gabriel Muck

Bilder: Stephan Floss

 

 

Kategorien
Theater

Medea – leicht und brutal

Medea die Kindsmörderin. Medea die rachsüchtige Hexe. Medea die Brudermörderin. Medea die Fremde. Medea die Täterin. Medea das Opfer.

Jede*r erzählt die Geschichte der Kolcherin, die Jason half, das goldene Vlies zu stehlen und dann mit ihm nach Korinth kam, anders. Schon in der Antike gab es verschiedene Versionen der Erzählung, die besonders prominent von Euripides und Christa Wolf niedergeschrieben wurde.

Die Darstellung der Medea in der Inszenierung der Schauspielregiestudentin Rieke Süßkow orientiert sich jedoch nicht an diesen beiden altbekannten Interpretationen der Geschichte Medeas, sondern wählt die Motive des deutschen Schriftstellers und Dramatikers Hans Henny Jahn. Süßkow überträgt diese eigentlich im antiken Korinth spielende Tragödie außerdem in die westliche Moderne. So ist Medea weder Fremde im Land, Zauberin oder kaltblütige Rächerin, sondern ganz einfach Teil einer vollkommen „normalen“ Familie: Vater, Mutter und zwei Söhne. Doch auch in dieser Version des Stoffes geht es um Liebe, soziale Stellung und Macht. Nur werden diese Kämpfe nun nicht in einer Stadt – Korinth – und ihrer Gesellschaft ausgetragen, sondern die Situation wird auf das eigene Heim und die Familie heruntergebrochen.

Das Stück zeigt elementare Probleme einer Familie auf: die sich verflüchtigende Liebe eines Elternteils zum anderen, die Bevorzugung eines Kindes, Konflikte zwischen den Geschwistern, Konflikte zwischen den Eltern. Machtspiele. Wer hat die Familie im Griff? Jason oder Medea? Mal scheint es, als habe Medea alles unter Kontrolle, selbst Jason, im nächsten Moment schlägt dieser sie und würdigt sie herab, indem er sich vor anderen über sie lustig macht und sie als dumm und naiv darstellt. Und er ist fasziniert. Doch nicht von seiner sich kümmernden Ehefrau Medea, sondern vielmehr von einer attraktiven Blondhaarigen, die er Medea vorzieht und für die er sie verlässt.

Von diesem Punkt an geht es mit der Familie bergab. Als Medea dann noch eine Nachricht erhält, deren Inhalt man nur erahnen kann, entlädt sich ihre angestaute Wut auf Jason über der Überbringerin der Nachricht, die dabei verletzt wird. Die Kinder, welche alles gesehen haben, verlieren dadurch jegliches Vertrauen in ihre eigene Mutter und leben von nun an in Angst. Aber nicht nur die Beziehungen zwischen den Charakteren verändert sich, sondern auch die Personen selbst. Medea wird von der perfekten Hausfrau zu einer fahrigen, immer noch an ihrem Mann hängenden Mutter, die scheinbar gefasst ist, sich aber immer mehr in den Wunsch einer perfekten Familie hineinsteigert. Die Söhne, die sich in dieser haltlosen Zeit in eine inzestuöse Liebe zueinander zu retten versuchen, passen dabei nicht ins Bild. Aus Rachsucht an Jason oder aus Wut über das unzüchtige Verhalten der Brüder – so genau lässt sich das nicht erkennen – , erstickt sie ihre Kinder und inszeniert mit ihren leblosen Körpern ein ganz normales Abendessen und wartet auf Jason. Was bleibt ist eine vernichtete Familie.

Das Stück mischt Leichtigkeit und Brutalität. Einerseits der leichte, seichte Alltag und die durch Tänze dargestellte oberflächliche Fröhlichkeit und Perfektheit einer Familie, in der die eigentlichen Probleme unterdrückt werden, andererseits der Mord an den Söhnen in seiner ganzen unfassbaren Kaltblütigkeit. Auch wenn kein Wort gesprochen wird, gelingt es der Inszenierung, sowohl die Gefühle der Personen und deren Veränderung als auch das Geschehen deutlich werden zu lassen, auch wenn einzelne Details unklar bleiben.

Durch die Verkörperung Medeas als eine Frau der westlichen Moderne wirken ihre Taten, ihr Charakter und ihre Empfindungen nicht mehr fremd und fern wie in manch anderer Darstellung. Der Kindsmord, der sich sonst leicht in einer als barbarisch empfundenen Vergangenheit verortet lässt, die mit uns heute nichts mehr zu tun hat, auch wenn uns der tägliche Blick in die Zeitung eigentlich eines Besseren belehren müsste, wird dadurch mit aller Wucht in unsere Mitte gezerrt. Er ist gegenwärtig. Aber das hat nichts mit der herrschenden Moral zu tun, denn Kindsmord widerspricht allen als menschlich empfundenen Regungen, vollkommen jenseits von Zeit und Raum. Nein, es geht um etwas ganz anderes. Es geht um das Dunkle in jedem von uns, um das Unbeherrschbare, Zerstörerische, und es geht um die Furcht vor dem Moment, in dem dieses Dunkle hervorzubrechen und uns und alles, was uns wichtig ist, zu vernichten droht. Um diesen klitzekleinen Moment. Der Kindsmord – er ist hierfür letztlich nur die monströse und absolute Metapher.

 

Text: Leah Strobel

Bilder: Nadja Häupl

Kategorien
Tanz und Theater Theater

„Du musst jetzt lernen die Ellenbogen auszufahren!“ – „Mit „echten“ Reden: Das Ellenbogen-Prinzip (1)“ von Tanja Krone in HELLERAU

Der Nancy-Spero-Saal erscheint in einem gemütlichen Licht, von einer Konstruktion an der Decke hängen lange, weiße Papierstreifen, hinter einem Pult steht eine Frau, greift in die Tasten und hält einen an die DDR gerichteten Monolog. Die Frau ist Tanja Krone und so beginnt am 30. Oktober ihre Inszenierung „Mit „echten“ Reden: Das Ellenbogen-Prinzip (1)“ im Festspielhaus Hellerau. Zusammen mit Frida Ponizil und Emma Rönnebeck, die nun aus ihren Verstecken hinter den Papierstreifen hervortreten, präsentiert sie den Zuschauern in diesem Stück die Ergebnisse aus 20 Gesprächen mit Familienmitgliedern, ehemaligen Lehrer*innen, Freunden und Freundinnen über die Wendezeit.

Zunächst stellen die Darstellerinnen sich selbst und ihre Rolle vor und nennen dabei Namen und Alter, als die Mauer fiel.

Nachdem Emma Rönnebeck und Frida Ponizil so tun als würden sie eine Tapete anbringen, fangen die Künstlerinnen an die Gespräche nachzusprechen. Dabei lesen sie die Texte nicht einfach vor, sondern schlüpfen in die Rollen der Zeitzeugen, sprechen und benehmen sich wie diese, was das Stück sehr lebhaft und unterhaltsam macht. Am Rand der Bühne steht eine Papierrolle, auf der man die jeweilige Gruppe der Erzählenden ablesen kann. Es gibt: Familie, Lehrer*innen, Jungs und Freundinnen. Zudem wird das Stück mit verschiedenen Musikstücken untermalt, die die Leute damals hörten oder selbst aufgenommen hatten.

Tanja Krone hat mit „Mit „echten“ Reden: Das Ellenbogen-Prinzip (1)“ ein Stück geschaffen, dass uns einen lustigen und informativen Einblick in die Wendewirren gibt. Es werden viele ernstere Themen angesprochen, die die Leute damals beschäftigten, aber vor allem der „normale“ Alltag in der Wendezeit, der DDR und der Umgang mit den Erinnerungen an diese Zeit kommen zum Ausdruck. Die Inszenierung ist genauso etwas für Zuschauer, die zu DDR-Zeiten aufgewachsen sind, als auch für jene, die diese Zeit nur aus Erzählungen kennen, denn sie vermittelt Wissen, regt auf diese Weise aber auch an, sich zu Erinnern. Ich denke, ich kann für viele Schüler*innen sprechen, wenn ich sage, dass man sich einmal eine Geschichtsstunde wünscht, die einen genauso lebhaften, informativen, anschaulichen und unterhaltsamen Einblick in frühere Zeiten gibt.

 

Text: Ingrid Hering

Bilder: Eva Lochner, Reinhard Krone

Kategorien
Literatur und Lesungen Theater

Mit der Faust in die Welt schlagen

PEGIDA, Übergriffe auf Migranten und der große Wahlerfolg der AfD zeigen, dass rechtes Gedankengut seinen Weg in die Gesellschaft gefunden hat und offen verbreitet wird. Doch weshalb kommt es gerade im Osten und insbesondere in Sachsen dazu, dass PEGIDA und die AfD so viel Anklang und Zustimmung finden?

Die Inszenierung des Theaterstücks „Mit der Faust in die Welt schlagen“ hält sich eng, teilweise wortgetreu an seine Vorlage, den gleichnamigen Roman von Lukas Rietzschel. Rietzschel selbst wurde 1994 in Ostsachsen geboren und lebt heute in Görlitz.

Die Antwort auf die Frage, weshalb die politische Stimmung im Osten aufgeladen ist, wird exemplarisch an der Familiengeschichte der Brüder Phillipp und Tobias erzählt, die in der Lausitz der Nachwendezeit aufwachsen und deren Lebensumfeld von den Wunden, die die Wende in das Land gerissen hat, gezeichnet ist. Weniges ist vernarbt, viele haben sich noch nicht zurechtgefunden in dieser Welt, die sich auf nahezu allen Ebenen verändert hat. Die Gewissheit und Sicherheit von gestern ist Verfall und Ungewissheit gewichen. Und auch die jungen Menschen, die Nachgeborenen, finden keinen Halt; wie auch, wenn alles in Auflösung zu sein scheint. Die Trennung der Eltern, das schon längst geschlossene Schamottenwerk, der Terroranschlag am 11. September 2001 auf das World Trade Center, die Globalisierung und der entfesselte Kapitalismus – die Verunsicherung hält auch die beiden Brüder fest im Griff. In ihrem Unvermögen, sich in dieser als fremd empfundenen Welt zurechtzufinden, entwickeln sich die beiden Brüder immer weiter auseinander. Während der jüngere Tobi Zuflucht bei einer Gruppe Neonazis sucht, zieht sich Phillipp immer weiter in sich zurück. Als die PEGIDA-Bewegung in Dresden immer mehr Aufmerksamkeit erlangt und ihre alte Grundschule ein Heim für Geflüchtete werden soll, nimmt das Verhängnis seinen Lauf.

Rietzschels Auseinandersetzung mit diesem Stoff ist der Versuch, die derzeitige politische Situation in Sachsen historisch zu erklären und auf einzelne Menschen herunterzubrechen: Weshalb schließen sich immer mehr junge Menschen rechten Gruppierungen an oder teilen deren radikale Gesinnung? Dieses Problem ist nicht allein historisch zu begreifen. Auch die Sprachlosigkeit zwischen den Generationen und die Geheimnisse haben ihren Anteil, die Eltern und Großeltern, die über die Kriegs- und Nachkriegszeit, die DDR und die Wende schweigen, die eigene Schuld und Traumata verdrängen und jetzt keine Antworten geben auf die Fragen der Kinder. Zwei Diktaturen und die Wende scheinen die Menschen ihrer Identität gründlich beraubt zu haben. Was bleibt ist ein Gefühl der Machtlosigkeit, aus der die Radikalisierung oft der einzige identitätsstiftende Ausweg zu sein scheint.

Die Erwartung, die ich habe, als ich das schlichte Bühnenbild zum ersten Mal sehe, bestätigt sich später: Es ist eine typische Inszenierung des Staatsschauspiels. Die Schauspieler sprechen in Richtung des Publikums und immer wieder kommt eine Livecam zum Einsatz; viele Dialoge werden duellartig schreiend ausgetragen, als gäbe es für Schauspieler*innen keine Möglichkeiten, ihre Gefühle auf andere Art und Weise zu vermitteln, mit mehr Nuancen, mehr Schattierungen.

Die Charaktere und deren Entwicklungen sind manchmal zu oberflächlich, sodass ich manche Handlungen nicht vollkommen nachvollziehen kann, vor allem Tobias Veränderung wird im Stück nicht deutlich genug dargestellt.

Alles in allem bietet die Inszenierung dem Zuschauer nichts Neues: Keine neuen Ideen, kein neuer Umgang mit dem im Buch gebotenen Stoff. Dennoch ist die Inszenierung keinesfalls schlecht, lässt einen aber auch nicht zu Ausrufen der Begeisterung hinreißen. Das Stück greift Problematiken unserer Zeit auf, die aus der Vergangenheit entstanden sind, bringt einen zum Nachdenken, zum Hinterfragen der Wende, lässt einen den Kopf schütteln und die Ohnmacht der Charaktere nachempfinden gegenüber dem, was um sie herum gerade geschieht. Man beginnt zu verstehen – aber hat man deshalb Verständnis für die Radikalisierung derart breiter Bevölkerungsgruppen? Ein Gefühl der Ratlosigkeit übermannt einen…

Was sowohl dem Buch als auch den Theaterstück fehlt ist ein Lösungsansatz: Rietzschel beschreibt nur ohne zu urteilen. Er lässt den Zuschauer allein mit der Frage: Was nun? Aber vielleicht hat er recht: welche Schlüsse daraus zu ziehen sind für die Beurteilung und das eigene Handeln, das muss jede*r für sich selbst entscheiden.

 

Text: Leah Strobel

Bilder: Sebastian Hoppe, Marcelo Marques via Unsplash

 

 

Kategorien
Theater

5 Jahre Boulevardtheater Dresden – Die Jubiläumsgala

14. September 2014: Zwei Männer – ein Plan: Ein eigenes Theater. Heute, fünf Jahre später gab es bereits über 800.000 Zuschauer.

Nun feierte das Boulevardtheater Dresden seinen fünften Geburtstag. Damit wurde für die Theaterleiter Olaf Becker und Marten Ernst ein Traum wahr, denn zu Beginn hätte sich niemand träumen lassen, welch einen Erfolg dieses Theater in seiner sechsten Spielzeit hat.

Samstag, der 14. September 2019: Das Boulevardtheater Dresden lud zur Jubiläumsgala ein – Ein „Kindergeburtstag“ mit über 500 Gästen. Zunächst wussten die Zuschauen nicht, was sie erwarten wird, doch am Ende des Abends wurden alle Erwartungen übertroffen. Moderiert von den Theaterleitern, wurde die Geschichte des Theaters mit musikalischer Untermalung dargestellt. Schon zu  Beginn holte das Team des Theaters mit einem Glas  Sekt für jeden und gemeinsam gesungenen Ständchen das Publikum voll ab. Nachdem das Team vom Boulevardtheater Dresden auf Sofas auf der Bühne Platz nahm, eröffnete Hans Georg Pachmann als Hofmarschall aus „Das singende klingende Bäumchen“ den chronologisch aufgebauten Abend mit einer musikalischen Darbietung. Trotz, dass dieses erste Stück, welches im Boulevardtheater Dresden seine Premiere feierte, nicht mehr gespielt wird, durfte das Publikum diesen retrospektiven Auftritt erleben. Auch „Harry & Sally“ wurde dank Katharina Eirich mit „1000 Mal berührt“ wieder aufleben gelassen. Weiterhin präsentierten die Schauspieler des Theaters, die jeweils stellvertretend für ein Stück auftraten, einen Song aus den Produktionen der Spielzeiten, oder einen persönlichen Lieblingssong. So traf Kultfigur Bern Seifert auf die frivolen Komödien (repräsentiert von Alice Erk) und Verbrecher Egon Olsen (Volker Zack) bei „Alles nur geklaut“ auf die aufgedreht, witzige Pippi Langstrumpf (Johanna-Friederike Krüger).

Neben den musikalischen Darbietungen wurde die eine oder andere Anekdote erzählt und dem Publikum durch die spontane, lockere Art der Moderatoren des Öfteren ein Lacher entlockt. Neben den zahlreichen  lustigen Momenten, gab es auch Gänsehautmomente. Als Stefanie Bock als „Deutschlands schönstes Schneewittchen“ den vom musikalischen Leiter Andreas Goldmann selbst komponierten Song „Ich bin Schneewittchen“ zum Besten gab, blieb kaum noch ein Auge trocken. Andreas Goldmann, stellvertretend für die Erfolgsproduktion „Die Fete endet nie“, heizte dem Publikum mit „Love me like you do“ und Gitarre ein. Letztlich war es Angelika Mann, als Oma Hedwig aus „Die Weihnachtsgans Auguste“, die im Pausenfinale das erste Mal für Standing Ovations sorgte, als sie zu „Highway to Hell“ die Bühne rockte.

Nach der fast einstündigen Pause, in der das Publikum von Pantomimen und dem Magier Jens Kießling unterhalten und mit einem breit gefächerten Buffet kulinarisch verwöhnt wurde, brachte Michael Kuhn, im Kostüm von Ottilie Neumann in dem Song „Theater“, all das auf den Punkt, was an diesem Abend vermittelt wurde. Auch Volkmar Leif Gilbert, der als Jacob Grimm „Gebrüder Grimm – Am Anfang aller Märchen“ auftrat, vermittelte mit seinem Song „Aus der Ferne“  eine starke Botschaft. Im Folgenden sorgte Manuel Krstanovic, der einmalig in die Rolle der falschen Tante aus der weltweit erfolgreichsten Boulevardkomödie „Charleys Tante“ schlüpfte, mit „My heart will go on“ für Gänsehaut. Spätestens bei dem Auftritt von Andreas Köhler (als John aus „Die Legende vom heißen Sommer“) und Dorothee Krüger (als Ornella aus „Azzurro – Wie zähme ich einen Italiener“) mit „Come what may“ aus „Moulin Rouge“ begannen alle Herzen zu schmelzen. Mit dem Einsatz von Vespa und Schwalbe von den Plakaten der beiden Stücke und einem Kuss der beiden Darsteller, wurde diesem Auftritt noch eine besondere Note verliehen.

Mit zahlreichen musikalischen Darbietungen und Auftritten der Publikumslieblinge, wurde die gesamte Geschichte des Theaters, mit allen 19 Stücken, die je in dem Theater Premiere feierten, unterhaltsam im Kurzdurchlauf präsentiert. So konnte das Publikum kleine Einblicke in alle Produktionen gewinnen und Erinnerungen aufleben lassen. Und es wurde nicht nur zurück geschaut, sondern auch einen Ausblick in die Zukunft gegeben. Am 27.10.2019 feiert die neue Eigenproduktion des Theaters „Barock me, Gräfin Cosel“ Premiere. Stefanie Bock und Oliver Morschel als Gräfin Cosel und August der Starke performten den Song „Mein brennendes Herz“ – welcher ebenfalls von Andreas Goldmann für das Stück komponiert wurde – als Vorgeschmack auf das Stück.

Im Finale der Show standen noch mal alle Darsteller, inklusive einiger Schauspieler, die zuvor im Publikum saßen, auf der Bühne. Genau dieses Beisammensein, die Stärke des Teams und die Harmonie des Ensembles wurde mit dem Song „Zusammen“ von den Fantastischen Vier und  Clueso demonstriert. Für einen letzten Gänsehautmoment sorge Karina Schwarz mit Puccinis Arie „O mio babbino caro“. Den krönenden Abschluss bildete „Forever Young“ aus „Die Fete endet nie“, wo nicht nur die Hauptdarsteller des Feten-Ensembles selber, sondern auch alle anderen auf der Bühne, sowie das Publikum mitsangen und mitfeierten.

Neben den Darstellern aus dem aktuellen Spielplan und aus vergangenen Produktionen, sowie dem Team inklusive den Theaterleitern, waren auf Bühne auch die Boulevardtheater-Band mit Jonathan Milan Heck an der Geige und der Background Chor, bestehend aus Sabine Kaufmann und Andreas Goldmann.

Auch nach dieser Show voller wach gewordener Erinnerungen, Gänsehautmomente, bester Unterhaltung und viel Witz und Humor wurde weiter gefeiert. Verteilt auf die Foyers, den Innen- und Hinterhof, sowie die Pampelmuse (der kleine Saal im Boulevardtheater Dresden), gab es weiterhin vegane Suppen, Eis und Deftiges, sowie Getränke, wie Cocktails bei musikalischer Untermalung.

Schließlich durften die Zuschauer nicht nur wundervolle Erinnerungen, sondern auch eine Tüte mit Geschenken der Sponsoren des Theaters samt einer Hexe-Baba-Jaga-Plüschpuppe  mitnehmen.

Alles in allem, war die Jubiläumsgala zum fünften Geburtstag vom Boulevardtheater Dresden ein mehr als gelungener Abend, der lange in Erinnerung bleiben wird.

 

 

 

Beitrag und Video: Lisanne Richter, Melina Israel

Foto: Robert Jentzsch

Kategorien
Allgemein Kunst Tanz und Theater

„Junge Choreograf*innen“ der Dresden Frankfurt Dance Company in HELLERAU

Einblicke in die Tänzerwelt und deren Choreografien

 

Stille und Schwärze im Großen Saal. Musik erklingt, ein Scheinwerfer beleuchtet für einen kurzen Moment eine Person. Danach wieder Schwärze.

So beginnt die Choreografie des jungen Choreografen Sam, welcher Tänzer in der Dresden Frankfurt Dance Company ist.

 

Das Programm ist anders. Es ist etwas Besonderes, vor allem für die Tänzer. Denn dieses Mal stammen die Choreografien, welche sie auf die Bühne bringen, nicht von dem Direktor der Company, Jacopo Godani, sondern von ihnen selbst.

5 der 18 Tänzer der Company können somit eine riesige Erfahrung machen und sich sowohl als Tänzer, als auch als Choreografen weiterentwickeln. Denn sie kümmern sich nicht „nur“ um die Entstehung der Choreografie, sondern auch um die perfekte Ausführung durch ihre Kollegen, sowie Musik, Licht, Kostüme, Make-up und tanzen teilweise sogar selbst in dem Stück.

Den Start des Programmes macht das Stück von Sam Young-Wright, welches von Anne Jung getanzt wird und den Namen „Carnegie Solo“ trägt. Es ist eine Erwiderung auf das Solo-Konzert des Pianisten Keith Jarrett. Die spontane Improvisation des Künstlers inspirierte Sam, verschiedene physische Zustände des Menschen zu untersuchen und dem Publikum so einen Einblick in seine Psyche zu verschaffen.

 

Danach folgt ein von Michael Ostenrath choreografierter Tanz. Er heißt „Haus“ und wird von fünf anderen Tänzern der Company ausgeführt. Micha schafft in diesem Stück die Zuordnung des Menschen in Kategorien, wie zum Beispiel die Geschlechtszugehörigkeit, ab und lässt eine völlige Freiheit existieren, ohne Meinungen und Urteile.

 

Die dritte Performance namens „Ectomorphs“ stammt von Vincenzo De Rosa, welches er als Duett mit Joel Small vorführt. Es untersucht die tiefsten Ebenen von Körper und Geist und wendet sich schon fast dem Tierischen zu.

Die Choreografen der beiden letzten Stücke habe ich interviewt:

 

Leo tanzt seit seinem 11. Lebensjahr an der staatlichen Ballettschule in Berlin. Seine Mutter hatte ein Tanzstudio und war Lehrerin. Somit ist er mit dem Tanz aufgewachsen. Eine richtige Leidenschaft entwickelte sich jedoch erst, als er 16 war. Denn seine Klasse wurde internationaler, seine Leistungen mussten steigen und er begann, die Tanzwelt zu verstehen und zu lieben. Nun tanzt er seit 4 Jahren in der Company von Godani.

 

Anne war, bis sie 17 Jahre alt wurde, im deutschen Nationalteam der Rhythmischen Sportgymnastik. Während ihres BWL Studiums begann sie nebenbei im Ballettstudio zu trainieren. Eine Lehrerin ermunterte sie, mehr aus ihrem Talent zu machen. Die beiden trainierten täglich, so dass Anne die Aufnahmeprüfung an die Hochschule bestand. Im Januar 2017 wurde sie Mitglied der Company.

 

Die Dresden Frankfurt Dance Company setzt sich unter der Leitung von Jacopo Godani als Ziel, den zeitgenössischen Tanz voranzutreiben.

Das Training beginnt täglich 10:30 Uhr mit dem klassischen Ballett. Es ist wichtig für die Tänzer, diese Basis zu haben, um dann im zeitgenössischen Stil so viel wie möglich experimentieren zu können und dadurch tolle Choreografien entstehen zu lassen.

Von 12 bis 18 Uhr probt die Company ihre Vorstellungen in ihren Studios in Frankfurt. Es gibt 4 große Werke pro Jahr. Jedes wird in Frankfurt und Hellerau aufgeführt, wodurch Hellerau wie eine zweite Heimat für die Tänzer ist. Zwischendurch ist die Company auf Tournee. Die Tänzer waren zum Beispiel schon in Barcelona, Moskau und Belgrad.

 

Als ich die Tänzer fragte, was bisher ihr größtes Erfolgserlebnis war, erzählte mir Leo, dass er eine Weile gebraucht hat um die Idee Jacopos zu verstehen. Nach einem Jahr hat er sich dann richtig in der Company eingefunden und Jacopo begann, ihm sein Vertrauen zu schenken. Nun darf er Tänze im Namen seiner Company auf die Bühne bringen, was für ihn eine große Ehre ist.

Leos bzw. das Stück von David Leonidas Thiel nennt sich „Orbit“ und es sind 5 Tänzer integriert. Der Tanz basiert auf der mystischen Lehre von Zahlen, nämlich der Numerologie. Denn unser mathematisches Zahlensystem wurde nicht erfunden, sondern in der Natur gefunden. Die wichtigsten Zahlen sind 1 und 9. Vor allem im Kreis spielt die 9 eine große Rolle. Davon inspiriert entwickelte Leo die Bewegungen, die Aufstellungen und die Lichteffekte für seinen Tanz.

 

Für Anne Jung ist das größte Erfolgsgefühl der Applaus. Diesen bekam sie für ihr Stück

„threewithfour“ auf jeden Fall. Es ist ein Quartett, welches in zwei Duette unterteilt und vom Tango inspiriert ist. Anne geht es bei diesem Tanz vor allem darum, die Zweisamkeit eines Paares darzustellen und den Zuschauern einen Einblick in den Tanzsaal zu verschaffen. Die beiden Paare durchleben verschiedene Gefühlssituationen einer Beziehung und tanzen sehr intim.

 

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Premiere des Werkes „Junge Choreograf*innen“ eine sehr gelungene Aufführung war und definitiv weiterzuempfehlen ist. Die Tänzer, die Kostüme, Musik und Licht waren sehr überzeugend und hätte man nicht gewusst, dass die Choreografien nicht von professionellen Choreografen stammen, wäre es überhaupt nicht aufgefallen. Als Zuschauer muss man sich einfach mal für eine Stunde komplett fallen und die Bewegungen auf sich wirken lassen. Denn zeitgenössischer Tanz kann oft entfremdend wirken und gleichzeitig ein ganz besonderes Gefühl in einem hervorrufen, welches man so noch nicht kannte. Meiner Meinung nach war es etwas schade, dass am Ende nicht noch einmal alle Tänzer und Tänzerinnen auf die Bühne gekommen sind, sondern nur die Choreograf*innen. Alles in allem hat mir die Vorstellung jedoch sehr gut gefallen.

 

Text: Amelie Zarbock

Bilder: Dresden Frankfurt Dance Company

Kategorien
Kunst Literatur und Lesungen Theater

„PPNews: Gerüchte“ ein Theaterspaziergang der Armada of Arts durch Gorbitz

Gorbitz bekommt eine Schwebebahn?!

Am Abend des 17.06.2019 gab es einen spannenden Spaziergang durch Gorbitz mit der Moderation von Mika Eni Bott. Sie erzählt Gerüchte über Amalie Dietrich als Gärtnerin sowie über das Leben in Gorbitz. In diesem Spaziergang versucht Mika die Wahrheit hinter der „I <3 GRBZ“ Kampagne herauszufinden, welche von den Befragten Einwohnern stark abgelehnt wird, da diese Gorbitz weniger asozial macht und damit zu viele Touristen kommen würden. Nach der Befragung einer Ex-Polizistin kommt das Gerücht auf, dass die Bewohner des Weißen Hirsches hinter der „I <3 GRBZ“ Kampagne und dem Banküberfall steckt. Außerdem soll eine Schwebebahn in Gorbitz gebaut werden, welche am Amalie Dietrich Platz startet. Kurzzeitig kommt das Thema Hartz-IV-Empfänger auf, über das sehr zynisch hergezogen wird. Ein anderes Thema ist ein Hund, der in Gorbitz eine Frau angegriffen hat. Hierbei wird aus der Sicht des Hundes erzählt, wobei es sehr beeindruckend ist, dass es mit einem echten Hund aufgeführt wird und der Schauspieler sehr flexibel auf den Hund reagiert hat. Allerdings gibt es auch kritische Meinungen über soziale Probleme, die im Stück nicht beschönigt werden.

Die Darsteller schafften es, das Thema trotz seines ernsten Inhaltes humorvoll und spielerisch aufzuführen. Besonders die Imitation des Hundes und seines Spielzeuges fanden positiven Anklang.

 

Beitrag von Karoline Adam, Aylin Koc, Paula Ramminger, Walerija Geiser, Victor Kühne und Anton Schieche im Rahmen der Projektwoche des Marie-Curie-Gymnasiums

Bilder von Kirsten Spott und Anna Brotankova

Kategorien
Allgemein Musik Tanz und Theater Theater

„#Prohlis_Paradies“ ein Tanz- und Musiktheater in HELLERAU

Prohlis: Paradies oder nicht?

Das Stück #Prohlis_Paradies ist zum Großteil von Kindern und Jugendlichen der 121. Oberschule Dresden-Prohlis entwickelt und aufgeführt worden. Insbesondere überraschen die Kinder, indem sie sich ohne Angst in das Scheinwerferlicht stellen. Neben den schauspielerischen Elementen ist auch viel mit Technik gearbeitet worden. Unter anderem sind Filmclips auf drei Bildschirmen zu sehen, welche die Jugendlichen selbst gedreht und produziert haben. Jedoch haben die optischen Reize uns überfordert, so dass es uns schwerfiel das Große Ganze zu überblicken.

Auch die musikalischen Fähigkeiten der Band und der Solisten sind nicht außer Acht zu lassen. Das Verhältnis zwischen den vier Komponenten Schauspiel, Tanz, Musik und Technik ist sehr ausgeglichen gewesen.

Insgesamt hat uns das Stück sehr gut gefallen, da den Schauspielern die Freude anzusehen war. Im Nachgespräch wurde uns bestätigt, dass neben der Freude auch viel Arbeit sowohl durch die Choreografin als auch durch die Kinder und Jugendlichen in dieses Stück investiert wurde.

 

Beitrag von Karoline Adam, Aylin Koc, Paula Ramminger, Walerija Geiser, Victor Kühne und Anton Schieche im Rahmen der Projektwoche des Marie-Curie-Gymnasiums

Bilder von Konrad Behr