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Allgemein Literatur und Lesungen

Dresden rechts außen (Beate Baum) – Ein Krimi mit Parallelen zur Wirklichkeit

Die Autorin Beate Baum nimmt den/die Leser*in mit in eine erschreckend realitätsnahe Geschichte, in der es an Spannung und Gefahren ebenso wenig mangelt wie an Anspielungen auf die politischen Verhältnisse in der sächsischen Landeshauptstadt.

Nach einer Kundgebung der Gruppierung Bedecha (Bewahrer des christlichen Abendlandes) zur Feier ihres Jahrestages und Gegendemonstrationen eskaliert die Situation auf den Straßen Dresdens. Als am nächsten Morgen ein Mitglied von Bedecha tot aufgefunden wird, gerät schnell ein Flüchtlingshelfer aus der linken Szene in Verdacht, den Mann umgebracht zu haben. Die beiden Journalisten Kirsten Bertram und Andreas Rönn sollen über die Demonstration und den Mordfall berichten. Doch bei ihren Recherchen in der linken und rechten Szene Dresdens stoßen sie auf zahlreiche Ungereimtheiten. Gemeinsam mit dem Privatdetektiv Dale Ingram versuchen sie den Fall aufzuklären, geraten dabei jedoch immer wieder in große Gefahr.

Das verheiratete Journalisten Ehepaar Kirsten Bertram und Andreas Rönn werden sehr sympathisch beschrieben. Beide halten an ihren Werten und moralischen Überzeugungen fest und setzen alles daran, den/die Täter*in einer gerechten Strafe zuzuführen. Kirsten ist eine gute Journalistin, die sich in ihre Storys hineinvertieft und konsequent umsetzt, was sie sich vorgenommen hat. Sie ist mutig und klug, agiert aber in brenzligen Situationen vorsichtiger und überlegter als ihr Mann Andreas, der meistens nur Andy genannt wird. Andy ist draufgängerisch und begibt sich selber bewusst in Gefahr. Er ist stur und lässt sich zumeist seine Pläne nicht ausreden, handelt impulsiv mit großer Bereitschaft zum Risiko, dennoch ist immer spürbar, dass er dies nur tut um der Werte und Überzeugungen willen, die ihm am Herzen liegen. Dale Ingram, Privatdetektiv aus New Jersey und Exfreund von Kirsten, kommt zurück nach Dresden und beteiligt sich an den Ermittlungen. Er agiert besonnener als Andreas und schätzt die Situationen aus professioneller Sicht ein. Dabei setzt er alles daran, Kirsten und Andy vor Angriffen zu schützten und den Fall aufzuklären, ohne dass sich die beiden unnötig in Gefahr bringen müssen.

Die Story ist mit vielen Parallelen zur Realität aufgebaut, sei es Bedecha, eine Organisation, die stark an PEGIDA erinnert, oder Parolen, die von der rechten Szene gebetsmühlenartig verbreitet oder lautstark artikuliert werden. Der schnelle und direkte Einstieg in das Geschehen nimmt die/den Leser*in sofort für Geschichte und die Stimmung des Buches, die von sehr viel Lokalkolorit lebt, ein. Der Schreibstil ist angenehm, die Geschichte wird flüssig erzählt.

Die Autorin hat die Einstellungsmuster und das Verhalten Rechter und besorgter Bürger*innen sehr gut recherchiert und auch die Verbindung der rechten Szene nach Amerika erscheint glaubwürdig . Man weiß und ahnt, von welchen realen Ereignissen einzelne Situationen inspiriert sind. Diese Realitätsnähe schafft eine beklemmende Atmosphäre. Beate Baum gelingt es, die Emotionen der Protagonist*innen sehr gut zu schildern und Unbehagen angesichts bestimmter Verhaltensmuster zu erzeugen. Einzelne Szenen versetzen die/den Leser*in eine schier unerträgliche Spannung und machen die Gefahren, in denen Kirsten und Andy übergangsweise schweben, äußerst glaubhaft. Wie es in den geschilderten Milieus zugeht, erfährt die/der Leser*in auf Schritt und Tritt hautnah mit den Romanprotagonist*innen.

So sehr sich der Spannungsbogen durch den Roman zieht und bis zum Schluss unklar bleibt, wer nun der/die Mörder*in ist, so früh ist schon vorhersehbar, wohin die sich die Handlung entwickeln wird. Durch die knappen Dialoge und schnellen, oft abrupten und willkürlichen Ortswechsel verlieren Gespräche und Handlung erheblich an Tiefgang. Wer sich dafür interessiert, wie die Ermittlungen und deren Ergebnisse aus Sicht der Polizei und Dale verlaufen, wird enttäuscht sein. Die Funktion und der Beitrag des Privatdetektivs zur Lösung des Falls werden nirgendwo klar herausgearbeitet.

Dennoch ist das Buch ein spannender und guter Krimi. Auch wenn es sich um einen fiktionalen Roman handelt, wird die Stimmung, die teilweise in Dresden seit 2015 herrscht, gut getroffen, insbesondere aber Einstellungen, Mentalitäten und Gewaltbereitschaft in der rechten Szene, die inzwischen tief in sog. Bürgerliche Kreise hineinreicht.

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Literatur und Lesungen Theater

Mit der Faust in die Welt schlagen

PEGIDA, Übergriffe auf Migranten und der große Wahlerfolg der AfD zeigen, dass rechtes Gedankengut seinen Weg in die Gesellschaft gefunden hat und offen verbreitet wird. Doch weshalb kommt es gerade im Osten und insbesondere in Sachsen dazu, dass PEGIDA und die AfD so viel Anklang und Zustimmung finden?

Die Inszenierung des Theaterstücks „Mit der Faust in die Welt schlagen“ hält sich eng, teilweise wortgetreu an seine Vorlage, den gleichnamigen Roman von Lukas Rietzschel. Rietzschel selbst wurde 1994 in Ostsachsen geboren und lebt heute in Görlitz.

Die Antwort auf die Frage, weshalb die politische Stimmung im Osten aufgeladen ist, wird exemplarisch an der Familiengeschichte der Brüder Phillipp und Tobias erzählt, die in der Lausitz der Nachwendezeit aufwachsen und deren Lebensumfeld von den Wunden, die die Wende in das Land gerissen hat, gezeichnet ist. Weniges ist vernarbt, viele haben sich noch nicht zurechtgefunden in dieser Welt, die sich auf nahezu allen Ebenen verändert hat. Die Gewissheit und Sicherheit von gestern ist Verfall und Ungewissheit gewichen. Und auch die jungen Menschen, die Nachgeborenen, finden keinen Halt; wie auch, wenn alles in Auflösung zu sein scheint. Die Trennung der Eltern, das schon längst geschlossene Schamottenwerk, der Terroranschlag am 11. September 2001 auf das World Trade Center, die Globalisierung und der entfesselte Kapitalismus – die Verunsicherung hält auch die beiden Brüder fest im Griff. In ihrem Unvermögen, sich in dieser als fremd empfundenen Welt zurechtzufinden, entwickeln sich die beiden Brüder immer weiter auseinander. Während der jüngere Tobi Zuflucht bei einer Gruppe Neonazis sucht, zieht sich Phillipp immer weiter in sich zurück. Als die PEGIDA-Bewegung in Dresden immer mehr Aufmerksamkeit erlangt und ihre alte Grundschule ein Heim für Geflüchtete werden soll, nimmt das Verhängnis seinen Lauf.

Rietzschels Auseinandersetzung mit diesem Stoff ist der Versuch, die derzeitige politische Situation in Sachsen historisch zu erklären und auf einzelne Menschen herunterzubrechen: Weshalb schließen sich immer mehr junge Menschen rechten Gruppierungen an oder teilen deren radikale Gesinnung? Dieses Problem ist nicht allein historisch zu begreifen. Auch die Sprachlosigkeit zwischen den Generationen und die Geheimnisse haben ihren Anteil, die Eltern und Großeltern, die über die Kriegs- und Nachkriegszeit, die DDR und die Wende schweigen, die eigene Schuld und Traumata verdrängen und jetzt keine Antworten geben auf die Fragen der Kinder. Zwei Diktaturen und die Wende scheinen die Menschen ihrer Identität gründlich beraubt zu haben. Was bleibt ist ein Gefühl der Machtlosigkeit, aus der die Radikalisierung oft der einzige identitätsstiftende Ausweg zu sein scheint.

Die Erwartung, die ich habe, als ich das schlichte Bühnenbild zum ersten Mal sehe, bestätigt sich später: Es ist eine typische Inszenierung des Staatsschauspiels. Die Schauspieler sprechen in Richtung des Publikums und immer wieder kommt eine Livecam zum Einsatz; viele Dialoge werden duellartig schreiend ausgetragen, als gäbe es für Schauspieler*innen keine Möglichkeiten, ihre Gefühle auf andere Art und Weise zu vermitteln, mit mehr Nuancen, mehr Schattierungen.

Die Charaktere und deren Entwicklungen sind manchmal zu oberflächlich, sodass ich manche Handlungen nicht vollkommen nachvollziehen kann, vor allem Tobias Veränderung wird im Stück nicht deutlich genug dargestellt.

Alles in allem bietet die Inszenierung dem Zuschauer nichts Neues: Keine neuen Ideen, kein neuer Umgang mit dem im Buch gebotenen Stoff. Dennoch ist die Inszenierung keinesfalls schlecht, lässt einen aber auch nicht zu Ausrufen der Begeisterung hinreißen. Das Stück greift Problematiken unserer Zeit auf, die aus der Vergangenheit entstanden sind, bringt einen zum Nachdenken, zum Hinterfragen der Wende, lässt einen den Kopf schütteln und die Ohnmacht der Charaktere nachempfinden gegenüber dem, was um sie herum gerade geschieht. Man beginnt zu verstehen – aber hat man deshalb Verständnis für die Radikalisierung derart breiter Bevölkerungsgruppen? Ein Gefühl der Ratlosigkeit übermannt einen…

Was sowohl dem Buch als auch den Theaterstück fehlt ist ein Lösungsansatz: Rietzschel beschreibt nur ohne zu urteilen. Er lässt den Zuschauer allein mit der Frage: Was nun? Aber vielleicht hat er recht: welche Schlüsse daraus zu ziehen sind für die Beurteilung und das eigene Handeln, das muss jede*r für sich selbst entscheiden.

 

Text: Leah Strobel

Bilder: Sebastian Hoppe, Marcelo Marques via Unsplash

 

 

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Kunst Literatur und Lesungen Theater

„PPNews: Gerüchte“ ein Theaterspaziergang der Armada of Arts durch Gorbitz

Gorbitz bekommt eine Schwebebahn?!

Am Abend des 17.06.2019 gab es einen spannenden Spaziergang durch Gorbitz mit der Moderation von Mika Eni Bott. Sie erzählt Gerüchte über Amalie Dietrich als Gärtnerin sowie über das Leben in Gorbitz. In diesem Spaziergang versucht Mika die Wahrheit hinter der „I <3 GRBZ“ Kampagne herauszufinden, welche von den Befragten Einwohnern stark abgelehnt wird, da diese Gorbitz weniger asozial macht und damit zu viele Touristen kommen würden. Nach der Befragung einer Ex-Polizistin kommt das Gerücht auf, dass die Bewohner des Weißen Hirsches hinter der „I <3 GRBZ“ Kampagne und dem Banküberfall steckt. Außerdem soll eine Schwebebahn in Gorbitz gebaut werden, welche am Amalie Dietrich Platz startet. Kurzzeitig kommt das Thema Hartz-IV-Empfänger auf, über das sehr zynisch hergezogen wird. Ein anderes Thema ist ein Hund, der in Gorbitz eine Frau angegriffen hat. Hierbei wird aus der Sicht des Hundes erzählt, wobei es sehr beeindruckend ist, dass es mit einem echten Hund aufgeführt wird und der Schauspieler sehr flexibel auf den Hund reagiert hat. Allerdings gibt es auch kritische Meinungen über soziale Probleme, die im Stück nicht beschönigt werden.

Die Darsteller schafften es, das Thema trotz seines ernsten Inhaltes humorvoll und spielerisch aufzuführen. Besonders die Imitation des Hundes und seines Spielzeuges fanden positiven Anklang.

 

Beitrag von Karoline Adam, Aylin Koc, Paula Ramminger, Walerija Geiser, Victor Kühne und Anton Schieche im Rahmen der Projektwoche des Marie-Curie-Gymnasiums

Bilder von Kirsten Spott und Anna Brotankova