Die Jazztage rufen und auch einer Amerikas dienstältester E-Bassisten durfte am vergangenen Dienstag nicht fehlen: Marcus Miller.
Miller ist momentan auf Europa-Tour und ließ es sich dabei nicht nehmen, in Sachsens Landeshauptstadt Halt zu machen.
Der Abend begann mit Power vom 2001er Album M².Entgegen des Namens war die Performance aber nicht wirklich energetisch. Einerseits waren die Instrumente schlecht gemixt, sodass ausgerechnet der Bass in den Boxen kratzte und andererseits wirkte die Band nicht wirklich warmgespielt.
Der sonst so zeitlos agile Miller schien am Bass und Mikrofon eher verhalten, was sich auch während der folgenden Stücke Highlife und B’s River nicht änderte.Erst nach Trip Trap platzte der Knoten: Der wuchtige Trip-Hop-Beat schien den Musikern die Verkrampftheit endlich auszutreiben. Die Ansagen am Mikro gingen nun auch über ein “Hello” und “The next song is … ” hinaus.
Was folgte, war ein souverän gegroovter Abend. Die Setlist setzte sich hauptsächlich aus Stücken der letzten beiden Alben Afrodeezia oder Renaissance zusammen. Bei diesen malträtierte Miller sein Instrument auf die verschiedensten Arten und Weisen – unterstützt und begleitet von seiner Band. Trotz der Dominanz des Basses legte Miller Wert auf einen ausgeglichenen Sound und versuchte auch dem Rest der Band den Spielraum zu gewährleisten, der für eine gute Performance von Nöten war.
Denn im Gegensatz zu Victor Wooten ist Miller ein echter Teamplayer – auf der Bühne wie im Studio. Im Rahmen der Renaissance-Tour hatte Miller bereits erwähnt, dass er wieder Musik für eine gesamte Band schreiben wolle. Und diesen vollumfänglichen Blick kann man den neueren Miller-Kompositionen auch anhören. Natürlich drängt in diesen der Bass immer noch nach vorn und hat ausladende Soli, aber die anderen Instrumente sind nun gleichberechtigte Partner und nicht bloßes Beiwerk.
Es ist diese Homogenität im Sound, die einen Marcus-Miller-Abend immer wieder zum Vergnügen macht: Man sieht nicht nur einen der weltweit besten Jazzbassisten, sondern zugleich eine verdammt gute Band.
Ein Theaterabend der etwas anderen Art im Staatsschauspielhaus Dresden
„Wir schreiben das Jahr 2047“ ertönt eine künstliche Stimme aus dem Off. Es ist Iris, eine künstliche Intelligenz, die in der Zukunft alles zu organisieren scheint. „Bitte legt euer Profil an“. Auf den Displays der Smartphones, die vor den ZuschauerInnen drapiert sind, erscheint die erste Frage. Jede Antwort, die ausgewählt wird, erzeugt einen eigenen Ton, ein Geräusch oder eine Melodie und lässt die Bildschirme in verschiedenen Farben aufleuchten. Die Antworten werden von Iris in der Cloud berechnet und die ZuschauerInnen dementsprechend durcheinandergewürfelt. Sie bilden Paare oder ganze Schwärme, bauen sich Nester aus den Kunststoffhockern oder beantworten gemeinsam Fragen auf den Smartphones, die sich an ihre Handgelenke befestigen lassen. Als Spielleiter fungieren neben Iris, die zwei einzigen „echten Performer“ Kostia Kallivretakis und Vassilis Koukalani.
Die ZuschauerInnen unterliegen einem permanenten Abstimmungsprozess, antworten sie nicht rechtzeitig, ermittelt Iris anhand der Daten die wahrscheinlichste Antwort. Sie sind also nicht bloß beobachtende TeilnehmerInnen, sondern aktive MitspielerInnen.
Anstelle eines klassischen Bühnenbildes ist der Saal ähnlich einem Minecraftspiel aufgebaut, welches die ZuschauerInnen miteinbezieht. Zwischendurch fühlt man sich etwas in die Schulzeit zurück-, anstatt in die Zukunft voraus versetzt. Das liegt womöglich auch an den etwas chaotischen Umbauszenen und interaktiven Finde-deinen-Partner-Spielen.
Thematisch greift das Stück auf die Generation der „Digital Natives“ zurück und stellt aufkommende Fragen in den Mittelpunkt: Inwiefern funktioniert die vernetzte Welt, ist sie besser oder sicherer geworden und inwiefern sind wir durch Algorithmen beeinflusst? Gibt es einen freien Willen oder haben wir unseren Willen bereits an die Maschinen verloren? Sind unsere Freiheit und Selbstbestimmung vor dem Untergang bedroht? Sind wir irgendwann nur noch Marionetten komplexer Systeme? Und welche Bedeutung trägt die digitale Vernetzung für demokratische Prozesse? Würden wir beispielsweise anders wählen, wenn uns in regelmäßigen Abständen ein Algorithmus Parteien vorschlägt, die zu unserem digitalen Fingerabdruck passen?
Mit dem Ausgangspunkt Athen als die Wiege der Demokratie und des Theaters, besteht ein permanenter thematischer Bezug zu Griechenland und es drängt sich die sehr akute Frage auf: Ist diese Demokratie, in der wir leben, noch eine Demokratie?
Im Griechischen ist das Einverständnis die Sinfonia. Das Zusammenspiel aller Antwortstöne und –farben geben am Ende einen Zusammenklang, ein „Orchester der Meinungen“.
Träumende Kollektive. Tastende Schafe ist der dritte Teil von der Produktionsreihe Staat 1-4, welche eine Kooperation zwischen dem Haus der Kulturen Berlin, den Münchnern Kammerspielen, dem Schauspielhaus Düsseldorf, dem Schauspielhaus Zürich, dem Staatsschauspiel Dresden und dem Rimini Protokoll ist und wurde im Rahmen eines Langzeitprojekts der HKW „100 Jahre Gegenwart“ entwickelt.
Der Regisseure Daniel Wetzel bildet mit anderen das Autorenkollektiv Rimini Protokoll mit dem Mittelpunkt um die Weiterentwicklung des Theaters durch verschiedene Mittel. Alle Vier Teile werden im März 2018 in Berlin im Haus der Kulturen der Welt gezeigt,
In München zum Beispiel wurde sich mit dem deutschen Geheimdienst anhand einer Audioführung durch ein Museum auseinandergesetzt, in Düsseldorf mit dem Problem von Großbaustellen und in Zürich mit dem „Weltzustand“ an sich, und der Frage inwiefern sich ein Land von der internationalen Verantwortung entziehen kann.
Um 20 Uhr ist die Empfangshalle des Festspielhaus Hellerau gefüllt mit Kunstinteressierten, allesamt gespannt auf die bevorstehende Performance „Kill your … !“ der Choreografen Cindy Hammer, Joseph Hernandez, Anna Till und Johanna Roggan, die in ihrem Stück auch tanzen werden. Schon der Titel regt zum Nachdenken an: Was soll gekillt werden? Weshalb? Und was hat diese Aufforderung mit dem Leitgedanken des Spielplans im Oktober 2017, „Rekonstruktion der Zukunft-Raum-Licht-Bewegung-Utopie“, zu tun?
Die Performance beginnt mit einer Ansprache ans Publikum durch zwei der Choreographen. Nach kurzer Wartezeit betritt man dann von der Seite aus den großen Saal des Festspielhaus Hellerau, und landet inmitten der weißen Elemente der Rekonstruktion von Adolphe Appias Bühne. Die Besucher bekommen die Chance, diese Bühne zu erkunden, zwischen den einzelnen Teilen hindurchzulaufen und die Tänzer, die bereits erste Bewegungsabläufe vorführen, aus nächster Nähe zu betrachten. Dann plötzlich ein Lichtsignal und die damit verbundene Aufforderung an die Besucher, sich auf die Tribüne zu begeben, um den Performern die Bühne zu überlassen.
Bei dezenter musikalischer Begleitung beginnen die Tänzer nun, gemeinsam die gesamte Bühne mit in ihre Performance einzubeziehen. Den Zuschauern gleich erkunden sie die Ecken und Kanten der Appia-Bühne, verschwinden zwischen den einzelnen Elementen, tauchen an anderer Stelle wieder auf. Sie führen sowohl synchrone als auch individuelle Bewegungen auf, immer im Bezug aufeinander. Mehrfach fällt einer der vier zu Boden und wird von den anderen „geweckt“. Dann plötzlich holt Anna Till ein Mikrofon hervor und beginnt auf ironische Art, mit dem Charme eines Touristenführers, den Zuschauern auf den Tribünen die Bühne vorzustellen, ihre Geschichte, ihre Maße. Nüchtern, frei von träumerischen Interpretationsansätzen stellt sie Appias Werk dem Publikum vor. Währenddessen führen Cindy Hammer und Joseph Hernandez eine Partnerperformance auf, Johanna Roggan verschwindet derweil vollkommen hinter der Bühne. Zum Ende hin wird sogar eine Art Probe auf der Bühne dargestellt, die ihre Krönung darin findet, dass Anna Till und Joseph Hernandez auf einmal mitten in der Choreografie abbrechen und anfangen miteinander Bewegungsabläufe zu besprechen, so als würden sie das Stück noch üben.
Die Aufführung zeigt den Besuchern die Bühne auf die verschiedensten Weisen, mit blanken Zahlen, Farben, Licht. Mal sieht man eine Landschaft, mal ein futuristisches Bauwerk, mal Flächen, mal Körper. Der Betrachter wird mit einbezogen, wird dazu angeregt diese Bühne komplett, jedes einzelne Element, zu erkunden. Sogar die uns bekannten Dimensionen werden aufgebrochen, indem Johanna Roggan auf dem Boden liegt, auf den Seitenflächen der weißen Blöcke „entlangläuft“, wodurch auf einmal eine vollkommen neue Sichtweise der Bühne beim Zuschauer entsteht.
Das Besondere an allen Aufführungen auf dieser Bühne ist, dass man als Besucher von jedem Punkt der Tribüne aus ein anderes Stück sieht, andere geometrische Formen entstehen, man andere Anteile der Performance erblickt. Um „Kill your … !“ vollständig zu erleben, müsste man eigentlich mindestens dreimal in die Aufführung gehen und sich jedes Mal an unterschiedliche Stellen der Tribüne setzen. Da diese Performance aber auch nicht langweilig wird, würde man dies gerne tun – leider steht sie nur zweimal auf dem Spielplan.
Der Kalender zeigte den 24.Oktober 2017! Das heißt, Tag der Premiere von ,,The new Mixtape“ im Boulevardtheater Dresden. Keiner wusste was beim Überraschungkonzert passieren wird.
Die Bühne wurde rot bestrahlt und hunderte Zuschauer warteten auf den Beginn. Als kurz nach 19:30 Uhr Philipp Richter die Bühne betrat, begann eine Mischung aus Konzert und Unterhaltungsshow! Ein Moderator (Philipp Richter), sechs Künstler und die Band Funkybeats standen nun vor der Aufgabe das Publikum zu unterhalten.
Philipp Richter sorgte schon ganz am Anfang für einen hohen Unterhaltungswert, dadurch dass er das Publikum aufforderte mitzusingen. Danach folgten die 6 Künstler, sie performten jeweils ein Lied, welches für sie eine besondere Geschichte mitbringt. Stefanie Bock, war die erste. Sie sang Geile Zeit von Juli. Danach stellte sie sich kurz vor und Philipp Richter stellte kurze Fragen. Es folgten Volker Zack, Manuel Krstanovic, Volkmar Leif Gilbert, Katharina Eirich und Andreas Köhler. Die allesamt ebenfalls ein Lied präsentierten und sich dann auf ein braunes Ledersofa setzen.
Kurz vor der Pause gab es einen Höhepunkt, als Andreas Köhler sich knall pinke High- Heels anzog ,dazu tanzte und sang, als wären es seine Lieblingsschuhe. Nach der Pause folgten weitere Hits. Unter anderem sang Manuel Krstanovic Let it go aus Disneys Eiskönigin und Volker Zack Ist das Liebe von Inka Bause. Am Ende gab es nochmal 2 richtige Powerhits, mit Dance with somebody (von Andreas Köhler) und Thank you for the music ( von Volker Zack), bei denen es dann auch die letzten Zuschauer von den Stühlen riss.
Insgesamt wurden 22 Lieder performt und jede Menge getanzt und gelacht. Wer sich jetzt vielleicht denkt wer der Regisseur ist, wird nicht so schnell darauf kommen, dass es gar keinen gibt. Das Ensemble vom Boulevardtheater kam selbst auf so eine Idee.
Eine unglaubliche Stimmung
Durch die Mischung aus Talkshow und Konzert entstand eine lustige und entspannte Atmosphäre. Die Künstler harmonierten gut zusammen, hatten auch sichtlich ihren Spaß, so dass nie schlechte Stimmung herrschte. Was auch zu der guten Stimmung beitrug, war das die Künstler die Zuschauer einbezogen haben und animiert haben zu tanzen, klatschen oder mit zu singen. Durch den Moderator entstand Abwechslung und die Zuschauer bekamen einen guten Überblick über das Geschehen.
Alle Künstler, sowie die Band sind keine Unbekannten im Boulevardtheater Dresden, so dass man über manch einen staunte und auch andere, persönliche Eindrücke bekam, die man nicht kennt wenn ein Künstler in einer festen Rolle steckt.
Der Spannungsfaktor wurde durch persönliche Anekdoten der Darsteller hochgehalten und auch der Spaßfaktor befand sich auf einem angemessenen Level, nicht zu viel und nicht zu wenig denn es war ja schließlich keine Komödie.
Das Bühnenbild verbirgt Überraschungen
Am Anfang sah man nur eine Band bestehend aus einem Schlagzeuger, einem Keyboarder und zwei Gitarristen. Ein altes braunes Sofa und ein brauner Ledersessel, ein paar Hocker und ein kleiner Tisch mit Mikrofonen.
Dank des Moderators fiel einem dann ein alter brauner Koffer auf, mit vielen kleinen Utensilien die im späterem Verlauf, den Künstlern bei der Performance halfen (z.B.die Pinken High- Heels oder eine Platte von Inka Bause).
Als dann die ersten Künstler auf dem Sofa Platz nahmen , wollten sie nach ihren Auftritten etwas trinken. Der Moderator holte darauf hin aus einem kleinen Kühlschrank hinter dem Sofa gekühlte Getränke. Dieser Kühlschrank wurde oft benutzt und wirkte für uns als Publikum als festes Mittel um den Spaßfaktor hochzuhalten.
Was bleibt ist ein unvergesslicher Abend
Am Ende bleibt einfach ein WOW- Moment. Kritikpunkte gibt es keine, außer dass die Zeit nicht eingehalten wurden ist ;), es dauerte 180 Minuten anstatt 110 Minuten, aber das nimmt man wohl keinem übel! Für manche war der Abend sogar zu kurz! In allen Faktoren, egal ob Spaß oder Spannung, lag das Level über den Erwartungsfaktor!
Sogar einen romantischen Punkt gab es, als Andreas Köhler seinen ersten Song präsentierte. Mit Piu bella cosa gab er nicht nur einen ersten Hit aus dem kommenden Theaterstück Azzurro im Boulevardtheater Dresden zuhören, sondern küsste auch Katharina Eirich mit einer Rose in der Hand.
Eins steht fest, in dieser Konstellation und Hitkombination wird es The new Mixtape nicht nochmal geben. Aber der nächste Termin steht schon. Am 13. März 2018 können andere Schauspieler aus dem Theater ihre Lieblingssongs und die damit verbundenen Geschichten präsentieren.
Wir empfehlen das Konzert definitiv weiter! Egal ob du 15 bist oder 60 Jahre alt bist, für jeden ist etwas dabei. Der Spaßfaktor, Spannungsfaktor und die Musik sind grandios.
Das nächste Mal steht The New Mixtape am 13.03.2018 auf dem Spielplan.
Am 24. Oktober ist es so weit – Die Premiere von THE NEW MIXTAPE im Boulevardtheater Dresden. Dann präsentieren die sechs beliebtesten Schauspieler aus dem aktuellen Bühnenprogramm ihre persönlichen Lieblingssongs. Die Zuschauer erwartet ein Überraschungskonzert, bei dem nicht mal die Darsteller genau wissen, was passieren wird. Das Publikum darf sich bei der Premiere auf Andreas Köhler, Katharina Eirich, Volkmar Leif Gilbert, Stefanie Bock, Manuel Krstanovic und Volker Zack als Spezial-Gast freuen. Unterstützt werden sie von de Dresdner Band „Funky Beats“. Manuel Krstanovic gab uns mit einem kleinen Interview einen Vorgeschmack auf das Stück.
1. Wie sind Sie zum Boulevardtheater gekommen?
Das Team vom Boulevardtheater Dresden und ich waren schon einige Jahre vor der Entstehung dieses Theaters in der Maternistraße im ehemaligen „Wechselbad der Gefühle“ in Kontakt. Es gab immer wieder Anfragen, die ich aufgrund anderer Engagements nie wahrnehmen konnte. Als das Theater dann offiziell eröffnete, ergab sich zufällig ein Zeitfenster. Ich sah nach, was in der Zeit geplant war, und rief dort an. Nach einem kurzen Vorsprechen vor dem Regisseur Jürgen Mai – es war für seine Inszenierung „Herr Doktor, die Kanüle klemmt“ – stand schnell fest, dass wir zusammenarbeiten werden. Drei Jahre später gehöre ich selbst zum festen Team des Boulevardtheaters.
2. Was gefällt Ihnen am meisten, wenn Sie auf der Bühne sind?
Dass es trotz harter Arbeit immer wieder aufs Neue Spaß macht. Teamgeist, tolle Kollegen, eine große Nähe zum Publikum und das Ziel, den Zuschauern gemeinsam einen tollen Abend zu bereiten mit Geschichten, die sie zum Lachen, Nachdenken und Mitfeiern bewegen, machen aus dem Beruf etwas Größeres als schlicht die Arbeit. Es macht auf beiden Seiten gleich viel Spaß. Und das macht mich glücklich, wenn ich abends nach der Vorstellung nach Hause gehe.
3. Haben Sie neben dem Job auch noch genug Zeit für Familie, Freunde und Hobbys?
Zeit ist ein relativer Begriff. Das Schöne an der Familie ist, wenn man sich sieht, knüpft man genau da an, wo man aufgehört hat, als man sich das letzte Mal gesehen hat. So verhält es sich auch mit wahren Freunden. Und ebenso mit den Hobbys. Die Liebe zu Personen und zu Dingen, die man gerne sieht und tut, wird doch nicht weniger, nur weil mir manchmal etwas weniger Zeit dafür bleibt. Entscheidend ist die Art des Umgangs miteinander.
4. Was ist Ihr persönliches Lieblingsstück am Boulevardtheater &und warum?
Am liebsten spiele ich immer noch die Zwillinge Axel und Alex Löchler in „Herr Doktor, die Kanüle klemmt“. Vielleicht gerade, weil es das erste Stück war, dass ich dort geprobt habe. Also sind es wohl sentimentale Gründe, die mich diese Wahl treffen lassen.
5. Haben Sie vor jedem Auftritt Lampenfieber?
Ja und Nein. Eine gewisse Aufgeregtheit ist immer da. Auch wenn man vielleicht oft hintereinander ein- und dasselbe Stück spielt, ist jede Vorstellung anders, die Zuschauer sind anders, die eigene Verfassung ist anders. Das macht jeden Abend spannend. Richtiges Lampenfieber habe ich manchmal vor Premieren, bei denen ich noch nicht weiß, wie es den meisten Zuschauern gefällt.
6. Am 24.10. ist die Premiere von ,,The New Mixtape“. Wie ist es für Sie, unter den sechs beliebtesten Schauspielern des Boulevardtheaters zu stehen?
Ich freue mich auf das Format. Ich sehe es weniger als ein Präsentieren der beliebtesten Schauspieler des Boulevardtheaters, als ein „Schauspieler des Boulevardtheaters singen für Ihre Zuschauer“ in lockerer Atmosphäre.
7. Was können die Zuschauer von „The New Mixtape“ erwarten?
Vielleicht hat man als Zuschauer die Chance, den einen oder anderen Darsteller mal etwas anders kennen zu lernen, ohne eine Rolle, die meist nur einen Teil des Wesens ausmacht.
„Workwithinwork // High Breed“ im Festspielhaushaus HELLERAU – zwei Inszenierungen der Dresden Frankfurt Dance Company an einem Abend, ein auffallender Kontrast
Präzise ausgeführte Bewegungen. Der Körper bis zum Äußersten gespannt, weiter lässt er sich nicht dehnen. Aber es geht doch.
Die Dresden Frankfurt Dance Company (DFDC) ist erneut auf der Bühne HELLERAUs zu sehen – so hat das Publikum des Festspielhauses die Company in Residence noch nie erlebt.
Mit „Workwithinwork“ zeigt die DFDC unter der Leitung von Jacopo Godani eine Forsythe-Choreographie, die nicht so ganz mit der Atmosphäre des Festspielhauses verschmelzen will. „Workwithinwork“ gestaltet sich zu klassisch, nicht kurios oder aufrüttelnd genug für ein Haus, das den Anspruch erhebt, ein Labor der Moderne zu sein. Das Stück ist geprägt durch eine gewollt minimalistische Atmosphäre: keine Lichteffekte, eine musikalische Begleitung durch zwei Geigen und schlichten scheinbar farblich willkürlichen Kostümen.
Oft bewegen sich die TänzerInnen in Zweier- oder Dreiergrüppchen auf der kargen Bühne, entlocken dem Zuschauer kaum starke Emotionen. „Workwithinwork“ spielt nicht mit den Sehgewohnheiten der Zuschauer, wie HELLERAU es sonst gerne tut, bricht etablierte Bewegungsmuster nicht auf, fordert nicht, schockiert nicht, provoziert nicht. Alles in allem eine sehr eintönige, seichte Inszenierung, bei der der Tanz zwar stark im Vordergrund steht, neben eindruckvollen Bewegungen und imposanten Duetten jedoch kaum etwas in Erinnerung bleibt.
Nach der Pause: mehr Show, mehr Licht, mehr Musik. Tänzer, die wie aus dem Nichts aus dem Schwarz der unbeleuchteten Bühne auftauchen und wieder darin verschwinden. Die Stimmung wird düsterer. In dieser Choreografie des künstlerischen Leiters Jacopo Godani wird die ganze Bühne von seinen TänzerInnen in Beschlag genommen. Hier ist alles schrill, bizarr und ungemütlich. Das Stück vermittelt dem Zuschauer eine Zukunftsvision, die alles nur nicht angenehm ist. Die Musik von 48nord ist verstörend, wirkt verzerrt und erinnert mehr an einen Computervirus als an Tanzmusik. Die Stimmen der TänzerInnen werden nun auch zum gestalterischen Mittel und unterstreichen durch akustische Signale und lautes Mitzählen die Atmosphäre.
Wie Abkömmlinge einer außerirdischen Rasse nehmen die TänzerInnen der Company den Bühnenraum in Anspruch – nebeneinander und übereinander. Die Körper in den rötlichen Anzügen wirken wie die Glieder eines fremden Wesens. Die Company gibt alles – die Bewegungen sind nun größer, werden mit mehr Nachdruck ausgeführt und kreieren so eine abstrakte intensive Welt, die den Zuschauer sofort in ihren Bann zieht.
In Kombination wirken die Stücke fast schon wie ein Arbeitsprozess. „Workwithinwork“ ist der Vorgänger, wie auch Forsythe der Vorgänger von Godani ist, während „High Breed“ die neue Identität der Company zu verkörpern scheint.
Insgesamt eine gelungene Doppelvorstellung, die sich den Höhepunkt für den Schluss aufhebt, aber davor schon überzeugt.
Ein Artikel von:
Paul und Titus Thiele, Leah Strobel, Elli Kneisel, Gina Kauffeldt, Barbara Staudenmaier und Meike Krauß
Enstanden im Rahmen des Medienworkshops „Kulturgeflüster“ im Festspielhaus HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden 6.10.-8.10.2017
Nachbarschaft. Das klingt nach Gemeinschaft. Nach Nähe. Nach Hilfsbereitschaft. Aber meistens kennen wir unsere Nachbarn nicht. Eigentlich denken wir auch nicht groß über sie nach. Nur eben dann, wenn sie akustisch auffallen. Oder merkwürdig auffallen. Weil sie etwas tun, was uns fremd ist. Etwas wozu uns der Bezug fehlt. Dann werden wir misstrauisch, schätzen die Anonymität und gehen – ob bewusst oder unbewusst – womöglich sogar auf Distanz.
Jeden Monat stellen wir euch als Redaktion unsere Kulturhighlights für den Monat vor. Das Video ist ein bisschen dunkler geworden auf Youtube schon lange online. Hier bisher versäumt zu veröffentlichen. Wir üben noch… Willst du auch mitmachen? Klick hier
Das Schauspielhaus läutet die Saison 2017/2018 unter seinem neuen Intendanten Joachim Klement ein. Mit dem letzten lauen Sommerlüftchen strömten am 29.09. zahlreiche Besucherinnen und Besucher in die Altstadt, um auf den Stühlen des Schauspielhauses Platz zu nehmen und für die knapp 3-stündige Vorstellung von Hexenjagd eine bequeme Sitzposition zu finden.
Wen die drei Stunden Sitzfleischtraining einschüchtern, dem sei vorweg gesagt, dass es sich durchaus lohnt. Mit Hexenjagd holt das Theater einen Klassiker zurück auf die Bühne, dem – obwohl es vor mehr als 70 Jahren geschrieben wurde – immer noch eine brisante Aktualität innewohnt. Regisseur Stephan Rottkamp inszeniert Arthur Millers Tragödie um ein kleines Dorf im amerikanischen Massachusetts Ende des 17. Jahrhunderts mit viel Fingerspitzengefühl und einem guten Gespür für das Tempo der Geschichte.
Hexenjagd handelt von einer Gruppe junger Mädchen, die nachts im Wald beim Tanzen von Reverend Parris überrascht wird. In Zeiten, in denen die Puritaner die Region bevölkerten und deren Glaube an ein Leben mit harter Arbeit ohne Vergnügen bestand – ein Skandal. Als wäre der Tanz allein nicht schon Sünde genug, wacht die Tochter des Reverends aus einer scheinbar apathischen Trance nicht wieder auf. Hexerei? Der Geistliche fürchtet um seinen Ruf. Einzig seine Nichte Abigail äußert sich verhalten zu dem Vorfall. Aus Angst vor Strafe spricht sie schließlich laut aus, was ihr zuvor bereits so viele in den Mund gelegt haben: Die Mädchen wurden Opfer von Hexerei. So klagt sie zunächst drei Unschuldige an, um sich selbst vor möglichen Konsequenzen zu retten. Ihre anfängliche Angst wandelt sich zunehmends in Gefallen und sie beginnt, ihre Macht auszunutzen. Nach und nach landen immer mehr Menschen auf Geheiß Abigails im Gefängnis. Die einzige Chance auf Überleben besteht für die Angeklagten darin, zu gestehen und weitere Namen preiszugeben. Die Beschuldigung der Hexerei wird letztlich dafür missbraucht, um sich an ungeliebten Nachbarn zu rächen. Motive wie Neid, Eifersucht und Besitzgier prägen die Entscheidungen der Angeklagten. Der Zuschauer wird zum stillen Zeugen, wie eine ganze Stadt nach und nach ihren Verstand verliert. An einer Stelle des Stücks stellt der Farmer Thomas Putnam fest: „Sie wollen wissen, was in Salem los ist? Rache. Nichts als Rache.“
Die Angst vor den Gefahren der Fremde ist nicht nur heute ein brisantes Thema. Als Arthur Miller das Stück 1953 schrieb, wurden in den USA Kommunisten sowie deren Befürworter rigoros verfolgt und verhaftet. In der Bevölkerung brach eine regelrechte Hysterie aus, die auch als McCarthy-Ära in die Geschichte einging, benannt nach dem damaligen US-Senator Joseph McCarthy. In Hexenjagd verarbeitet Miller die Gefühle der Angst und Hilflosigkeit sowie den gesellschaftlichen Wandel, den er zu dieser Zeit durchlebte. Der Dramatiker selbst wurde zu einem Jahr Gefängnisstrafe auf Bewährung verurteilt, weil er sich weigerte, Namen kommunistischer Kollegen zu nennen. Das Stück basiert auf tatsächlichen Ereignissen: Ausgehend von den Gerichtsakten zu den Hexenprozessen von Salem im Jahre 1692, die ihn so stark an seine aktuelle Situation erinnerten, entwickelte Arthur Miller Figuren und Geschichte.
Dank eines gut durchdachten Bühnenbilds (Robert Schweer) sowie schlichten, darauf abgepassten Kostümen (Esther Geremus) ergibt sich ein stimmiges Bild, das es dem Zuschauer leicht macht, sich in eben jene Zeit hineinzuversetzen.
Vor allem aber überzeugt das Stück durch sein starkes Ensemble: Neben altbekannten Bühnengewalten wie Ahmad Mesghara als habgierigen Farmer und Anna-Katharina Muck als von Trauer zerfressene Mutter begeistern vor allem die Neuzugänge Oliver Simon (Reverend Parris) und Ursula Hobmair als Teufel mit Engelsgesicht (Abigail Williams). Auch wenn der Sinneswandel Abigails mitunter nicht immer sofort nachvollziehbar ist, so überzeugt vor allem die intensive Darstellung der Hass-Liebe zwischen der 17-Jährigen Williams und dem etwa doppelt so alten John Proctor (Matthias Reichwald), mit dem sie einst eine unerfüllte Affäre hatte und den sie nun ins Verderben stürzt. Zwischen Hobmair und Reichwald knisterte es mitunter so stark, dass man sich Sorgen um das auf der Bühne verteilte Holz macht.
Alles in allem handelt es sich bei Hexenjagd um einen gelungenen Auftakt, der neugierig auf kommende Stücke sowie weitere Neuzugänge des Schauspielhauses macht.
„Sex mit dem Sozialarbeiter“, „Blumenkohl am Pillemann“ oder „Ich töte meinen Nachbarn und verprügel seine Leiche.“ diese Songs haben Generationen von jungen Menschen geprägt. Egal ob im hippen Circus Halli Galli Studio oder in kleinen bayrischen Dörfern, wer diese Band nicht kennt, hat nie nachts um drei Faxe Dosenbier an der Tankstelle gekauft:
Deutschlands größte Schwanzpunkband, die Legenden aus Wattenscheid, die einzigen, die unglaublichen, die mächtigen Kassierer.
Am vergangen Samstag hatten alle, die bisher nicht die Ehre hatten dieses Unikat des Ruhrpotts zu sehen endlich die Chance
Doch egal ob treuer Fans oder Ersthörer, alle mussten sich gedulden. Denn die Dresdner Band Al gore hatte die schwierige und undankbare Aufgabe, als Vorband, den Anheizer für die Ruhrpottpunker zu geben.
Erfahrene Personaler würden den vier Dresdnern dabei eine sichtliche Bemühung bescheinigen. Auch wenn Gitarrist Locke und Sänger Inge Kotmischer wirklich alles gaben, um die Show am Laufen zu halten, so konnte dies nicht über die erheblichen Defizite der Band hinwegtäuschen.
Man darf bei einer Punkband vielleicht keine zu hohen musikalischen Ansprüche stellen, doch Al Gore schafft auch diese zu unterschreiten. Ein Gitarrenspiel, das man einfach nur als stumpf bezeichnen kann, kombiniert mit Drums von der Platte, dem ungroovigsten Bass seit der Erfindung dieses Instruments und einem einfach absolut unverständlichen Gesang schafften einen Klangwust, der Nichtmal Abiballabschlusskonzertniveau erreicht.
Die Ansagen ließen zwar erahnen, dass Lieder wie „Legoland ist abgebrannt“ bestimmt ein humorige Note haben, hören konnte man es definitiv nicht.
Gegen 22:00 war das Elend endlich zu Ende und das Publikum bekam das, wofür es eigentlich da war.
Mit Wagners Ritt der Walküren betraten die Musiker die Bühne. Sänger Wolfgang Wendland ging am Stock, laut Eigenaussage war er erst vor ein paar Tagen besoffen die Treppe runtergefallen und leide noch an den Verletzungen des Sturzes. Doch körperliche Leiden konnten ihn nicht stoppen. Im Nu war Wölfi oben ohne, hatte das erste Bier in der Rechten und grölte die erste Strophe von „Besoffen“ ins Mikro und mit ihm der gesamte Saal. Es folgte ein Abend voller Klassiker: Sex mit dem Sozialarbeiter, Arsch abwischen, kein Geld für Bier. Neu Songs wie, Ich fick dich durch die ganze Wohnung, waren dagegen eher Mangelware und das aus gutem Grund. Die Kassierer, wie alle alternden Rock- oder Punkbands, leiden an der Zeit, aber nicht körperlich. Wendland und Konsorten würden wahrscheinlich noch mit Beipass und Tropf auf der Bühne stehen, es sind die neuen Songs. Egal wie viel Pissen, Ficken und Fotzen man in sie packt, sie können einfach nicht mit der Energie und Asozialität der alten Saufhymnen mithalten.
Ein zeitloser Genuss war die Band an diesem Abend trotzdem, auch abseits der Musik. Die vier Altpunker bestechen mit einer astreinen Bühnenperformance und beeindrucken mit einer, für Punkbands, außerordentlichen Instrumentalvirtuosität, Sänger Wolfgang Wendland mal ausgenommen. Dafür leitete dieser mit einem Charme durch den Abend, den man sonst nur von englischen Gentlemen kennt. Immer bereit für zynische Gesellschaftskritik oder Wahlwerbung für DIE PARTEI. Doch das Niveau sollte sich nicht zu sehr erheben, dafür sorgte der Rest der Band. Was mit unterdimensional schlechter Standup-comedy von Bassist Mitch Maestro begann, endete mit dem Kopf von Schlagzeuger Volker Kampfgarten im Anus des Gitarristen Nikolaj Sonnenscheiße.
Die Kassierer in Dresden, kein Abend der Hochkultur, kein Abend der Liebe, aber dafür mit vielen Momenten, die man nie vergessen wird, egal ob man will oder nicht.