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„Bock auf `nen Film?“

 Im Jahr 2019 litten 690 Millionen Menschen auf der Welt an Hunger – Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung stetig an. Was passiert, wenn 2050 10 Milliarden Menschen auf unserem Planeten wohnen? Wie können wir gegen den Welthunger ankämpfen? 

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen und die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auch in Deutschland auf den Welthunger zu lenken, veranstalteten die Filmclubs am 15. Juli 2021 eine Filmvorführung in der Aula des Dresdner Romain-Rolland-Gymnasiums. Getreu dem Motto „Licht aus. Film an.“ lädt seit dem September 2016 der gleichnamige Filmclub der Schule zum Film schauen, diskutieren und nachdenken ein. 

Dieses Mal wurde eine 45-minütige Kurzfassung des Dokumentarfilms „10 Milliarden – Wie werden wir alle satt?“ von Valentin Thurn gezeigt. Dieser beschäftigt sich mit den Ursachen aber auch möglichen Lösungsansätzen der Welthungerkrise. 

So geht es zunächst um Konzerne wie Bayer, welche Saatgut gentechnisch verändern. Damit werden zwar die Erträge der jeweiligen Pflanze gesteigert, allerdings nur unter optimalen Bedingungen. Des Weiteren handelt es sich bei den so produzierten Sorten um Hybride, die Landwirte sind also darauf angewiesen, jedes Jahr neue Samen zu kaufen – und das zu stark schwankenden Preisen. Dies bedeutet eine starke Abhängigkeit von den Saatgutkonzernen: Hohe Preise oder Naturkatastrophen können für die Kleinbauern schnell den Ruin bedeuten. Das ist der Grund, aus dem zum Beispiel in Indien viele Reisbauern wieder auf traditionelles Saatgut umsteigen. Dieses bekommen sie aus Saatgutbanken, wo die Reisarten nach ihren Eigenschaften, wie unter anderem Salz- oder Dürreresistenz, sortiert aufbewahrt werden. Die Bauern können sich dort bis zu 250 g Samen abholen, mit diesen ihre Felder bestellen und nach der Ernte doppelt so viele Samen zurückbringen. 

Ein weiteres Problem, welches im Film thematisiert wird, ist das Landgrabbing: Kleinbäuerliche Felder in Asien und Afrika werden aufgekauft, um dort günstig Nahrungsmittel anzubauen, welche aber rein für den Export und nicht für die Ernährung der lokalen Bevölkerung dienen. Diese Form des Neokolonialismus hat zur Folge, dass die Einheimischen nicht mehr genug Platz haben, um ihre eigenen Pflanzen anzubauen. Des Weiteren erzielen Klagen gegen die Käufer, welche oft humanitäre Hilfe wie den Bau von Schulen oder die Verfügbarmachung sauberen Trinkwassers versprechen, aber nicht umsetzen, aufgrund korrupter und nicht funktionstüchtiger Justizsysteme oft keine Wirkung. 

Aber es gibt auch Projekte, welche Lösungen im Kampf gegen die Hungerpandemie vorschlagen. So wurde in vielen Studien bewiesen, dass wir wieder kleiner denken müssen, um diese Krise zu bewältigen. Es braucht funktionierende, lokale Versorgungssysteme, um eine nachhaltige und sozial gerechte Landwirtschaft sicher zu stellen. 

Zwei englische Städte, welche diese Ansätze auf ihre jeweils eigene Weise umsetzen zu versuchen, sind Totnes und Todmorden. In Totnes führte man 2007 den Totnes-Pound ein, eine lokale Währung, welche es ermöglichen sollte, unabhängiger vom Welthandel zu handeln. Dieser wurde allerdings 2019 abgeschafft, da man immer mehr zum bargeldlosen Zahlen überging. Todmorden trägt den Beinamen „edible city“; überall in der Stadt wachsen essbare Pflanzen, welche von allen Bewohnern gepflückt und geerntet werden können. 

Dies sind nur ein paar Probleme, welche in „10 Milliarden – Wie werden wir alle satt?“ angesprochen werden. Der Film zeigt auf relativ einfach verständliche Weise, worin die Ursachen für die Hungerkrise liegen, wie diese miteinander verknüpft sind und wie man sie lösen kann. 

Nachdem der Film uns einen Einblick in die Thematik bot, konnten wir mit unseren Fragen auf den für die Vorführung eingeladenen Experten zugehen. Es handelte sich um Thomas Markert, welcher sich seit vielen Jahren mit nachhaltiger Entwicklung in den verschiedensten Vereinen engagiert und heute Referent im Cambio e.V. ist. Er ernährt sich überwiegend vegan und vegetarisch, hält aber auch eine bedrohte Schafrasse in der Lausitz als Nutztier. Des Weiteren vermehrt er zwei seltene Bohnensorten und organisiert Sommercamps für Kinder und Jugendliche. 

Mit ihm sprachen wir darüber, wie man selbst lokal etwas für nachhaltige Ernährung tun kann, zum Beispiel indem man an Urban Gardening Projekten teilhat, aber auch über globale Probleme in Bezug auf die Hungerkrise, und wie wir als in privilegierten Verhältnissen Lebende auf diese Aufmerksam machen und helfen können. Leider verlief das Gespräch an einigen Stellen etwas einseitig. Schüler, vor allem Julia, welche die Veranstaltung mit organisiert und sich dementsprechend auch ausführlicher auf das Gespräch vorbereitet hatte, stellten Fragen und Thomas antwortete. Eventuell hätte man durch eine kurze Vorstellungsrunde und direkte Rückfragen eine Diskussion anregen können, bei der jeder seine Meinung kundtun könnte. 

Generell überzeugt allerdings das Konzept der Filmclubs: Zunächst schaut man einen Film, der einem Input zu einem polarisierenden Thema gibt und kann im Anschluss seine Fragen und Gedanken im persönlichen Gespräch mit einem Experten loswerden. Auch fand die Veranstaltung in einer gemütlichen Atmosphäre mit leckerem Essen statt, was dazu beitrug, Barrieren zwischen den Teilnehmenden und den Organisatoren zu überwinden. Wer also gerne diskutiert und sich zu den unterschiedlichsten Themen informieren und engagieren möchte, der sollte unbedingt vorbeischauen, wenn es wieder heißt: „Licht aus. Film an“ 

Weiterführende Informationen: 
https://filmclubs-sachsen.de/ https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/presse/2020/un-report-nahrungssicherheit-hunger/221914
https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/sendung/2010/neue-form-des-kolonialismus-100.html
https://quergedacht-dresden.de/gd-home/
https://www.incredible-edible-todmorden.co.uk/
https://www.smarticular.net/

Text: Ingrid Hering
Foto: Julia Zühlke